Neuigkeiten - Recht

Vorbeugung von Missbrauch: Festivalbetreiber darf Rücktauschfrist und Betragsgrenze von Token festsetzen

Ein Token - einst der Begriff für einen frühgeschichtlichen Rechenstein - hat sich heute zwar ins Digitale verflüchtigt, dabei aber nicht an Wert verloren. So gelten Bitcoins als Token oder auch Wertmarken auf Festivals - eine praktische Sache für beide Seiten an den dortigen Verkaufstheken. Was aber damit passiert, wenn man zu viel davon gekauft hat und nach der Veranstaltung weder Lust noch Zeit für einen sofortigen Umtausch hat, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) entscheiden.

Ein Token - einst der Begriff für einen frühgeschichtlichen Rechenstein - hat sich heute zwar ins Digitale verflüchtigt, dabei aber nicht an Wert verloren. So gelten Bitcoins als Token oder auch Wertmarken auf Festivals - eine praktische Sache für beide Seiten an den dortigen Verkaufstheken. Was aber damit passiert, wenn man zu viel davon gekauft hat und nach der Veranstaltung weder Lust noch Zeit für einen sofortigen Umtausch hat, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) entscheiden.

Bei einem großen Musikfestival durften Besucher nur mit speziellen Token bezahlen, etwa für Essen und Getränke. Diese Token konnte man nur direkt auf dem Festivalgelände kaufen - und auch nur dort wieder zurücktauschen. Die Regeln des Veranstalters sahen vor: Der Rücktausch ist nur während der Öffnungszeiten an den Festivalkassen und nur bis zu einem Höchstwert von 50 EUR möglich. Nach dem Festival oder im nächsten Jahr ist eine Rückgabe nicht mehr erlaubt. Ein Verbraucherschutzverband klagte dagegen. Die Begründung: Gerade am Ende des Festivals sei der Andrang groß. Manche könnten ihre restlichen Token nicht mehr loswerden - zum Beispiel, weil sie schnell zum Zug müssten. Auch die Grenze von 50 EUR sei unfair, da die Besucher vorab nicht wissen könnten, wie viel sie auf dem Gelände brauchen.

Das OLG sah das anders. Es hielt die Regelungen durchaus für rechtens. Die Rücktauschfrist sei zugegeben zwar kurz, deshalb aber nicht automatisch unangemessen. Besucher wüssten schließlich vorher, dass die Token nur auf dem aktuellen Festival gelten. Außerdem sei ein späterer Rücktausch aufwendig - und zwar für beide Seiten. Eine Rückgabe nach dem Festival oder gar erst im nächsten Jahr würde zudem die Gefahr erhöhen, dass gefälschte Token auftauchen. Auch die Grenze von 50 EUR sei verständlich. Laut Veranstalter geben die meisten Besucher sowieso höchstens 35 EUR pro Tag aus. Wer deutlich mehr Token zurückgeben wolle, handle daher eher ungewöhnlich - was ein Hinweis auf Missbrauch sein könne.

Hinweis: Die Entscheidung ist noch nicht endgültig. Der Bundesgerichtshof soll in der nächsten Instanz klären, ob solche Fristen grundsätzlich erlaubt sind.


Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.04.2025 - I-20 UKl 9/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 07/2025)

Bitte setzen! Hitzeschützende Fußmatten gehören nicht zur Verkehrssicherungspflicht von Dampfsaunabetreibern

Haben Sie schon längere Zeit in einer Sauna gestanden oder andere dort stehend verweilen sehen? Der folgende Fall des Landgerichts Coburg (LG) macht klar, warum das aller Wahrscheinlichkeit nicht so ist. Die folglich zu klärende Frage war, ob ein Saunabetreiber für Verbrennungen an den Füßen eines Gastes haften muss, der beim Verlassen einer Sauna länger stehenblieb und sich dabei verletzt hatte.

Haben Sie schon längere Zeit in einer Sauna gestanden oder andere dort stehend verweilen sehen? Der folgende Fall des Landgerichts Coburg (LG) macht klar, warum das aller Wahrscheinlichkeit nicht so ist. Die folglich zu klärende Frage war, ob ein Saunabetreiber für Verbrennungen an den Füßen eines Gastes haften muss, der beim Verlassen einer Sauna länger stehenblieb und sich dabei verletzt hatte.

Ein Mann wollte sich in einer Sauna entspannen, die etwa 90 °C Betriebstemperatur aufwies. Beim Hinausgehen blieb der Mann noch ein bis zwei Minuten auf den Kunststoffmatten in der Nähe des heißen Saunaofens stehen, um mit einem Bekannten zu plaudern. Kurz darauf schmerzten seine Füße, und es stellte sich heraus, dass er sich beim abschließenden Schwätzchen Verbrennungen zugezogen hatte, die ärztlich behandelt werden mussten. Der Mann verlangte daraufhin 5.000 EUR Schmerzensgeld vom Betreiber der Saunalandschaft, da er meinte, der Boden sei zu heiß gewesen und die Kunststoffmatten hätten ihn nicht vor der Hitze geschützt.

Das LG wies die Klage jedoch ab. Das Gericht war der Auffassung, dass der Betreiber keine Schuld trägt. Die Temperaturen am Boden seien mit 55 °C bis 60 °C für diese Art Sauna normal. Die Matten seien rutschfest und damit für ihren eigentlichen Zweck geeignet gewesen - Hitzeschutz gehörte nicht dazu. Außerdem sei es unüblich, lange an einer Stelle auf dem heißen Boden zu stehen. Die Sauna sei ein Ort der Ruhe - kein Platz für längere Gespräche. Dass es bei langem Stehen zu Verbrennungen kommen kann, sei jedem klar. Der Betreiber müsse daher auch keine besonderen Schutzmaßnahmen für solche Situationen treffen.

Hinweis: Die Sauna ist kein Treffpunkt für Smalltalk im Stehen, sondern dient der Entspannung. Wer zu lange steht, riskiert Verletzungen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.


Quelle: LG Coburg, Urt. v. 18.11.2024 - 52 O 439/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 07/2025)

Keine absolute Gewissheit: Bei Echtheitsprüfung von handschriftlichem Testament entscheidet brauchbarer Grad an Gewissheit

Ein handschriftliches Testament setzt zu seiner Formwirksamkeit voraus, dass dieses vollständig handschriftlich erstellt worden ist. Im Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) stritten sich die Brüder des Erblassers mit der als Erben eingesetzten Lebensgefährtin um genau dieses Formerfordernis.

Ein handschriftliches Testament setzt zu seiner Formwirksamkeit voraus, dass dieses vollständig handschriftlich erstellt worden ist. Im Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) stritten sich die Brüder des Erblassers mit der als Erben eingesetzten Lebensgefährtin um genau dieses Formerfordernis.

Der Erblasser errichtete im Jahr 2018 ein Schriftstück, das mit "Testament Mein letzter Wille" überschrieben, vollständig handschriftlich erstellt und mit Datum versehen war und den handschriftlichen Namenszug des Erblassers enthielt. In diesem Schriftstück setzte der Erblasser seine Lebensgefährtin sowie deren Sohn als Erben ein. Nach Einholung eines Schriftvergleichsgutachtens erteilte das Nachlassgericht den beantragten Erbschein zugunsten der Lebensgefährtin sowie von deren Sohn. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Brüder. Diese stellten nach wie vor die Echtheit des Testaments in Frage und unterstellten der Erbin, die in der Vergangenheit Schreibarbeiten für den Erblasser erledigt hatte, dass diese möglicherweise nicht nur das Testament, sondern auch die dem Gutachten zugrundeliegenden Vergleichstexte erstellt habe.

Das OLG wies die Beschwerde zurück. Maßgeblich für die Entscheidung sei es, dass das Gericht von der Echtheit und der Eigenhändigkeit der Erklärung überzeugt sei. Im Rahmen einer Echtheitsprüfung sei keine absolute Gewissheit im naturwissenschaftlichen Sinne erforderlich. Ausreichend sei vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifel ausschließe. Hierfür erfülle das Sachverständigengutachten alle Anforderungen. Anhaltspunkte, die weitere Ermittlungen durch das Gericht hätten erforderlich machen können, lagen nicht vor. Insbesondere können die pauschalen Hinweise auf eine mögliche Fälschung Zweifel an der Echtheit des Testaments nicht begründen.

Hinweis: Im Erbscheinsverfahren wird die Gültigkeit eines Testaments von Amts wegen geprüft.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 05.05.2025 - 3 W 80/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Unentbehrlicher Hinweis: Gericht verletzt Hinweispflicht auf mögliche Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehung

Es macht einen großen Unterschied, wessen man beschuldigt wird - ob der Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes. Was einem im schlimmsten Fall blühen kann, muss man als Beschuldigter schließlich wissen. Im Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) war es dem Wiederholungstäter und seinem Anwalt erst gar nicht möglich gewesen, sich ordentlich vorzubereiten. Und zwar nicht, weil beide nicht erschienen waren, sondern wegen einer Nachlässigkeit des Amtsgerichts (AG).

Es macht einen großen Unterschied, wessen man beschuldigt wird - ob der Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes. Was einem im schlimmsten Fall blühen kann, muss man als Beschuldigter schließlich wissen. Im Fall des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) war es dem Wiederholungstäter und seinem Anwalt erst gar nicht möglich gewesen, sich ordentlich vorzubereiten. Und zwar nicht, weil beide nicht erschienen waren, sondern wegen einer Nachlässigkeit des Amtsgerichts (AG).

Ein Autofahrer wurde mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 42 km/h erwischt, so dass gegen ihn ein Bußgeldbescheid in Höhe von 385 EUR und einem Monat Fahrverbot erging. Das Bußgeld war aufgrund mehrerer Voreintragungen erhöht worden, weil eine fahrlässige Begehungsweise zugrunde gelegt wurde. Gegen diesen Bescheid legte der Betroffene Einspruch ein.

Vor dem Hauptverhandlungstermin wies das zunächst zuständige AG darauf hin, dass aufgrund der Beschilderung durch sogenannte Geschwindigkeitstrichter eine Erhöhung der Geldbuße wegen "grob fahrlässiger" Begehungsweise erfolgen könnte. Da weder der Betroffene noch der Verteidiger erschien, wurde in Abwesenheit verhandelt und im Protokoll darauf verwiesen, "dass die Problematik der vorsätzlichen Begehung" erörtert wurde. Daraufhin erfolgte eine Verurteilung zu einem Bußgeld in Höhe von 640 EUR wegen vorsätzlicher Begehung. Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde ein, er sei zuvor nicht informiert worden, dass zudem ein Vorsatz im Raum stehe.

Das OLG gab dem Betroffenen Recht. Das AG war seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, auf die mögliche Verurteilung wegen Vorsatzes hinzuweisen. Der Hinweis sei nicht entbehrlich gewesen, da sich aus der Bußgeldhöhe ergeben habe, dass die Bußgeldstelle von einer fahrlässigen Begehung ausgegangen sei. Außerdem habe das Gericht in seiner Ladung auf die Möglichkeit der Verurteilung wegen "grober Fahrlässigkeit" hingewiesen, daher habe der Betroffene erst recht darauf vertrauen dürfen, nicht wegen Vorsatzes verurteilt zu werden. Die Erörterung in Abwesenheit genüge nicht. Das Urteil wurde durch das OLG daher aufgehoben und an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Hinweis: Hat das Gericht den Betroffenen und seinen Verteidiger in der Ladungsverfügung auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen grober Fahrlässigkeit hingewiesen, nicht aber auf eine solche wegen Vorsatzes, darf der Betroffene mit Blick auf diesen Hinweis darauf vertrauen, nicht wegen einer Vorsatztat verurteilt zu werden.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 10.02.2025 - 1 ORbs 4/25
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Wohnungseigentümerversammlung: Einladung durch falsche Person macht getroffene Beschlüsse nicht automatisch unwirksam

Was sich auf den ersten Blick liest wie ein Bruderzwist, ist für Eigentümer mit lediglich Miteigentumsanteilen nicht uninteressant. Aber auch alle anderen Eigentümer von Wohneigentum sollten sich das folgende Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (LG) gut merken. Denn es geht einmal mehr um Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung und deren Gültigkeit.

Was sich auf den ersten Blick liest wie ein Bruderzwist, ist für Eigentümer mit lediglich Miteigentumsanteilen nicht uninteressant. Aber auch alle anderen Eigentümer von Wohneigentum sollten sich das folgende Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (LG) gut merken. Denn es geht einmal mehr um Beschlüsse einer Wohnungseigentümerversammlung und deren Gültigkeit.

Eine Wohnung gehörte gleich zwei Eigentümern, die miteinander verbrüdert waren. Einen Verwalter hatten beide für die gemeinsame Wohnung nicht. Schließlich lud einer der beiden zur Versammlung ein, obwohl er dazu eigentlich nicht berechtigt gewesen war. Der andere Eigentümer kam nicht, der Einladende hielt die Versammlung allein ab und traf dabei gleich mehrere Entscheidungen. Man ahnt es: Der andere Eigentümer wollte die Beschlüsse für nichtig erklären lassen.

Das LG lehnte das ab. Zwar hätte der einladende Eigentümer laut Gesetz nur dann zur Versammlung einladen dürfen, wenn er vorher durch Beschluss dazu ermächtigt worden wäre - was nicht der Fall war -, trotzdem bedeutet das nicht automatisch, dass die gefassten Beschlüsse ungültig sind. Eine Einladung durch einen unbefugten Eigentümer führe nämlich nur dann zur Nichtigkeit, wenn ein unbeteiligter Dritter eingeladen hätte oder die Regeln systematisch missachtet würden - etwa durch ständiges Einladen ohne Ermächtigung. Außerdem wurde die Klage zu spät und zunächst gegen die falsche Partei eingereicht. Auch das war ein Grund, warum sie keinen Erfolg hatte.

Hinweis: Nicht jede falsche Einladung macht die Eigentümerversammlung unwirksam. Nur wenn jemand völlig Außenstehendes einlädt, kann das zu einer Nichtigkeit führen. Wer Beschlüsse anfechten will, muss das rechtzeitig und gegen die richtige Partei tun.


Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 23.01.2025 - 2-13 S 71/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Schlappe für Vermieterin: Konsulatsvertrag von 1929 führt zur Unzuständigkeit des Nachlassgerichts

Eine Nachlasspflegschaft kann dann angeordnet werden, wenn der Nachlass in besonderen Situationen gesichert oder verwaltet werden muss - insbesondere, wenn unklar ist, wer Erbe geworden ist. Dass das Mittel der Nachlasspflegschaft jedoch nicht immer zum Ziel führt, musste die Vermieterin einer im Jahr 2023 verstorbenen Erblasserin vor dem Oberlandesgericht München (OLG) feststellen.

Eine Nachlasspflegschaft kann dann angeordnet werden, wenn der Nachlass in besonderen Situationen gesichert oder verwaltet werden muss - insbesondere, wenn unklar ist, wer Erbe geworden ist. Dass das Mittel der Nachlasspflegschaft jedoch nicht immer zum Ziel führt, musste die Vermieterin einer im Jahr 2023 verstorbenen Erblasserin vor dem Oberlandesgericht München (OLG) feststellen.

Die Erblasserin, eine türkische Staatsangehörige mit letztem Wohnsitz in München, verstarb im Jahr 2023. Sowohl die Kinder als auch der Enkel schlugen die Erbschaft aus. Die ehemalige Vermieterin der Erblasserin beantragte daher mehrfach die Anordnung einer Nachlasspflegschaft, da die Wohnung nach dem Tod der Erblasserin mehrere Monate leer stand und keine Räumung erfolgen konnte. Das türkische Generalkonsulat in München hatte dem Nachlassgericht mitgeteilt, dass es unter Bezugnahme auf einen Konsularvertrag zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich aus dem Jahr 1929 die Regelung des beweglichen Nachlasses übernehme. Trotz mehrfacher Aufforderungen durch das Nachlassgericht erklärte das Konsulat keine Freigabe des Nachlasses. Das Amtsgericht München wies daraufhin die Anträge der Vermieterin zurück und begründete dies mit einer Unzuständigkeit des Nachlassgerichts.

Die von der Vermieterin hiergegen eingelegte Beschwerde blieb vor dem OLG erfolglos. Denn laut Konsulatsvertrag von 1929 hat der türkische Konsul das Recht, die Regelung des beweglichen Nachlasses türkischer Staatsangehöriger zu übernehmen. Sobald das Konsulat dies erklärt hat, geht die Zuständigkeit für alle Maßnahmen auf eben dieses Konsulat über. Dies umfasst insbesondere die Ergreifung von Maßnahmen im Interesse der Erben sowie alle Maßnahmen zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen. Der Vorrang des Konsulatsvertrags führt dann zur Unzuständigkeit des deutschen Nachlassgerichts.

Hinweis: Eine Zuständigkeit des Nachlassgerichts kann erst dann wieder entstehen, wenn das Konsulat die Nachlasssache freigibt. Mietrechtliche Ansprüche der Vermieterin müssen auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden.


Quelle: OLG München, Beschl. v. 07.05.2025 - 33 Wx 337/24 e
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Trotz Schließfachverwahrung: Testament ist durch mittiges Durchreißen wirksam widerrufen worden

Ein Testament kann dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet. Ob sich hieran etwas ändert, wenn der Erblasser ein Testament zwar zerreißt, dieses zerrissene Testament jedoch weiterhin in seinem Schließfach verwahrt, beschäftigte im Folgenden sowohl die (möglichen) Erben als auch schließlich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

Ein Testament kann dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet. Ob sich hieran etwas ändert, wenn der Erblasser ein Testament zwar zerreißt, dieses zerrissene Testament jedoch weiterhin in seinem Schließfach verwahrt, beschäftigte im Folgenden sowohl die (möglichen) Erben als auch schließlich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

Der Erblasser war zweimal verheiratet und kinderlos geblieben. Nach seinem Tod beantragte dessen Ehefrau unter Berufung auf die gesetzliche Erbfolge einen gemeinschaftlichen Erbschein. Später wurde im Bankschließfach des Erblassers ein handschriftliches Testament aus dem Jahr 2011 gefunden, laut dem ein langjähriger Freund des Erblassers Alleinerbe werden solle. Obwohl dieses Testament in zwei Hälften zerrissen worden war, beantragte der Freund des Erblassers die Einziehung des ausgestellten Erbscheins.

Sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG wiesen diesen Antrag jedoch zurück. Das mittige Zerreißen des Testaments sei eindeutig eine Vernichtung des Dokuments. Die unregelmäßigen Trennränder waren ein deutliches Anzeichen für ein manuelles Zerreißen und nicht für eine versehentliche Beschädigung. Hierdurch werde gesetzlich vermutet, dass der Erblasser beim Zerreißen die Absicht hatte, das Testament zu widerrufen. Diese gesetzliche Vermutung konnte in diesem Fall auch nicht widerlegt werden. Allein aus der Aufbewahrung des Dokuments in dem Bankschließfach könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, der Erblasser habe das Testament nicht vernichten wollen.

Hinweis: Die physische Zerstörung eines Testaments ist der offensichtliche Weg, ein Testament zu widerrufen. Daneben besteht auch die Möglichkeit, das Testament dadurch zu widerrufen, dass an der Testamentsurkunde Veränderungen vorgenommen werden, aus denen sich ergibt, dass das Testament aufgehoben werden soll.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 29.04.2025 - 21 W 26/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Bei Datenschutzverstößen: BGH urteilt über Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden

Im folgenden Fall ging es um einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten der wohl immer noch bekanntesten Social-Media-Plattform. Dagegen geklagt hatte ein Verbraucherschutzverein - und zwar ohne expliziten Auftrag eines von diesem Datenschutzverstoß Betroffenen. Bevor er die Klage inhaltlich und rechtlich bewerten konnte, musste der Bundesgerichtshof (BGH) zuerst einmal klären: Darf der Verbraucherschutzverein das überhaupt?

Im folgenden Fall ging es um einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten der wohl immer noch bekanntesten Social-Media-Plattform. Dagegen geklagt hatte ein Verbraucherschutzverein - und zwar ohne expliziten Auftrag eines von diesem Datenschutzverstoß Betroffenen. Bevor er die Klage inhaltlich und rechtlich bewerten konnte, musste der Bundesgerichtshof (BGH) zuerst einmal klären: Darf der Verbraucherschutzverein das überhaupt?

In dem Fall ging es um das soziale Netzwerk Facebook. Nutzer konnten dort über ein "App-Zentrum" Spiele starten. Vor dem Start erschien ein Hinweis, dass die Spieleanbieter auf viele persönliche Daten zugreifen dürfen - etwa E-Mail-Adresse, Statusmeldungen oder Fotos. Außerdem hieß es, dass die Anwendung in ihrem Namen posten dürfe. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fand das nicht in Ordnung und meinte, die Nutzer würden nicht klar genug über die Datenverwendung informiert. Das sei nicht nur ein Verstoß gegen Datenschutzregeln, sondern auch wettbewerbswidrig. Deshalb wollte er Facebook per Klage verbieten lassen, solche Hinweise zu verwenden. Facebook sah das anders und wehrte sich bis vor den BGH.

Der BGH aber gab den Verbraucherschützern Recht: Verbände dürfen klagen, wenn Datenschutzvorgaben verletzt werden - und zwar auch, ohne dass ein Betroffener mitmacht. Es reiche völlig aus, wenn viele Menschen potentiell betroffen sind. Die Richter stimmten zudem der Annahme zu, dass die Hinweise im App-Zentrum unklar und unvollständig waren. Die Nutzer würden nicht verständlich darüber informiert werden, welche Daten wie und warum verarbeitet werden. Genau solche Informationen seien aber wichtig, damit Menschen bewusst entscheiden können, ob sie zustimmen wollen oder nicht. Deshalb dürfen Verbraucherschutzverbände hier einschreiten.

Hinweis: Verbraucherschutzverbände können gegen Datenschutzverstöße auch vorgehen, wenn keine einzelne betroffene Person klagt. Unternehmen müssen Nutzer klar und verständlich über die Datenverarbeitung informieren. Unklare Hinweise verstoßen häufig gegen Datenschutz- und Wettbewerbsrecht.


Quelle: BGH, Urt. v. 27.03.2025 - I ZR 186/17
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 07/2025)

Zeichnung statt Unterschrift: Fehlt die Dokumentation des letzten ernstlichen Willens, ist privatschriftliches Testament unwirksam

Privatschriftliche Testamente sind eigenhändig zu unterschreiben. Dass diese Unterschrift unter Umständen nicht lesbar ist, spielt zwar keine wesentliche Rolle. Dass man es dabei mit der künstlerischen Freiheit jedoch besser nicht übertreiben sollte, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts München (OLG). Denn dieses besteht zu Recht darauf, dass es sich auf die Ernsthaftigkeit des letzten Willens verlassen können muss.

Privatschriftliche Testamente sind eigenhändig zu unterschreiben. Dass diese Unterschrift unter Umständen nicht lesbar ist, spielt zwar keine wesentliche Rolle. Dass man es dabei mit der künstlerischen Freiheit jedoch besser nicht übertreiben sollte, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts München (OLG). Denn dieses besteht zu Recht darauf, dass es sich auf die Ernsthaftigkeit des letzten Willens verlassen können muss.

Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet und erstellte mit eben jener zweiten Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament, das von der Ehefrau eigenhändig geschrieben und unterschrieben wurde. Der Erblasser selbst brachte am Ende des Textes lediglich eine Zeichnung an, die aus wolkenähnlichen Linien bestand, ohne angedeutete Buchstaben oder einen erkennbaren Schriftzug. Als die Witwe auf Grundlage dieses Dokuments die Erteilung eines Erbscheins beantragte, wies das Nachlassgericht diesen Antrag zurück.

Das OLG stimmte dieser Entscheidung zu und stellte dabei klar, dass eine Unterschrift der Identifikation des Erblassers und auch der Bekräftigung seines letzten Willens diene. Eine Unterschrift erfordert einen Schriftzug, der Buchstaben einer üblichen Schrift enthält, der individuelle Merkmale des Verfassers aufweist und aus denen sich insgesamt Rückschlüsse auf die Identität des Unterzeichners ergeben. Nicht erforderlich sei es hingegen, dass die Unterschrift lesbar ist. Hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die vom Erblasser angebrachten wolkenähnlichen Linien keine Andeutungen von Buchstaben aufwiesen und damit keinen Schriftzug darstellen. Selbst der Umstand, dass keine Zweifel an der Urheberschaft des Erblassers bestehen, änderten an der Auffassung des Gerichts nichts. Da die Unterschrift nicht nur die Urheberschaft bestätigen, sondern auch den ernstlichen Willen des Erblassers dokumentieren soll, fehle es in einem solchen Fall an der ausreichenden Dokumentation des letzten ernstlichen Willens.

Hinweis: Die fehlende Unterschrift führt zur Nichtigkeit des gesamten privatschriftlichen Testaments. Eine nachträgliche Heilung dieses Formmangels ist nicht möglich.


Quelle: OLG München, Beschl. v. 06.05.2025 - 33 Wx 289/24 e
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Datenverarbeitung ohne Rechtsgrundlage: Meta muss Persönlichkeitsprofile löschen und Schadensersatz zahlen

Der Meta-Konzern und der Datenschutz - eine Kombination, die offensichtlich nie zueinander passen wird. Denn wie heißt es so schön: Wenn du für ein Produkt nichts zahlst, bist womöglich du das Produkt. Das Landgericht Berlin II (LG) hat diesem Denken und vor allem Handeln jedoch einen Riegel vorgeschoben, was personenbezogene Daten angeht, die über sogenannte Meta-Business-Tools gesammelt wurden.

Der Meta-Konzern und der Datenschutz - eine Kombination, die offensichtlich nie zueinander passen wird. Denn wie heißt es so schön: Wenn du für ein Produkt nichts zahlst, bist womöglich du das Produkt. Das Landgericht Berlin II (LG) hat diesem Denken und vor allem Handeln jedoch einen Riegel vorgeschoben, was personenbezogene Daten angeht, die über sogenannte Meta-Business-Tools gesammelt wurden.

Die Betroffenen hatten geklagt, weil Meta ihre Aktivitäten auf vielen Websites und in Apps mitverfolgt und ausgewertet haben soll. Diese Websites nutzten die sogenannten Meta-Business-Tools, die Daten automatisch an Meta weiterleiten - oft, ohne dass Nutzer davon etwas mitbekommen. So konnte Meta zum Beispiel erfahren, ob jemand eine Apotheke besucht, eine politische Meinung äußert oder ob ein Suchtrisiko bestehe. Die gesammelten Infos wurden laut Gericht genutzt, um Persönlichkeitsprofile zu erstellen, ohne dass die Nutzer das erlaubt hatten. Meta meinte, nicht selbst verantwortlich zu sein, da es die jeweiligen Websitebetreiber seien, die die Tools einsetzen. Außerdem würden persönliche Daten nur genutzt, wenn jemand eingewilligt habe - sonst nur zu Zwecken wie Sicherheit oder Systemschutz.

Das sah das LG jedoch anders und entschied, dass Meta die Daten ohne gültige Einwilligung verarbeitet und damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen habe. Deshalb müssen die Daten gelöscht oder anonymisiert werden. Und weil dabei Persönlichkeitsrechte verletzt wurden, bekommt jeder Betroffene 2.000 EUR Schadensersatz.

Hinweis: Noch sind die Urteile nicht rechtskräftig - Meta kann dagegen Berufung einlegen. Wer Onlinedienste nutzt, muss sich jedoch auf den Schutz der eigenen Daten verlassen können. Persönlichkeitsprofile ohne Zustimmung zu erstellen, ist nicht erlaubt. Gerichte schützen hier die Rechte der Nutzer.


Quelle: LG Berlin II, Urt. v. 04.04.2025 - 39 O 56/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 07/2025)