Neuigkeiten - Recht

Fehlender Reisepass: Reisebüro muss wegen mangelnder Aufklärungspflicht keinen Schadensersatz leisten

So ein Bello kann entzückend sein - wenn er nur so wenig bellt wie möglich. Selbst wer Hunden zugeneigt ist, muss eingestehen, dass mehrere Bellos auf einem Haufen eine Menge (lauten) Spaß haben können, auch auf Kosten zweibeiniger Mitbürger. Wie viel Lärm nun Anwohner durch einen Hundespielplatz genau ertragen müssen, musste das Verwaltungsgericht Berlin (VG) klären.

So ein Bello kann entzückend sein - wenn er nur so wenig bellt wie möglich. Selbst wer Hunden zugeneigt ist, muss eingestehen, dass mehrere Bellos auf einem Haufen eine Menge (lauten) Spaß haben können, auch auf Kosten zweibeiniger Mitbürger. Wie viel Lärm nun Anwohner durch einen Hundespielplatz genau ertragen müssen, musste das Verwaltungsgericht Berlin (VG) klären.

Ein Bürgerverein betrieb einen Hundespielplatz, den die Stadt eingerichtet, umzäunt und mit einem abschließbaren Tor versehen hatte. Von Montag bis Samstag (8 bis 20 Uhr) sowie an Sonn- und Feiertagen (8 bis 13 sowie 15 bis 20 Uhr) konnten dort Hunde spielen. Eine Tatsache, die eine Anwohnerin als unzumutbar empfand. Sie klagte gegen den Platz und wandte ein, dass die Lärmbelästigung unzumutbar sei. Das Hundegebell verursache Stress und störe ihre Konzentrationsfähigkeit - an Entspannung oder gar Schlaf sei in den nutzungsintensiven Phasen selbst bei geschlossenen Fenstern nicht zu denken.

Das mochte zwar sein, aber das VG sah darin keinen Grund, an den gegebenen Regelungen etwas zu ändern. Der durch einen Hundespielplatz in einem Wohngebiet verursachte Lärm sei von Anwohnern hinzunehmen, sofern er sich im Rahmen geltender Immissionsrichtwerte bewege. Und eben jene Richtwerte wurden eingehalten. Ebenso zu berücksichtigen sei, das es sich hierbei um zwar wiederkehrenden, aber keinesfalls ununterbrochenen Lärm handle.

Hinweis: Gegen das Urteil kann noch Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Vieles spricht jedoch dafür, dass das Urteil richtig ist. Nachbarn haben eben kein Recht auf absolute Stille. Fragen im Einzelfall klärt der Rechtsanwalt des Vertrauens.


Quelle: VG Berlin, Urt. v. 09.06.2023 - VG 24 K 148.19
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 10/2023)

Tatsachenbehauptung statt Meinung: Transportschaden als Grund für schlechte Onlinebewertung muss nachgewiesen werden können

Ein befriedigendes Sättigungsgefühl reicht schon, um in einen leicht trägen Entspannungsmodus zu verfallen. Wenn man dann noch zu dem ein oder anderen alkoholischen Feierabendgetränk verführt wird, scheint es nur logisch, dass gerade in Gaststätten eine erhöhte Sorgfaltspflicht für die Betreiber besteht. Dass diese aber nicht für alles haftbar gemacht werden können, das Gäste zu Fall bringt, zeigt der Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Ein befriedigendes Sättigungsgefühl reicht schon, um in einen leicht trägen Entspannungsmodus zu verfallen. Wenn man dann noch zu dem ein oder anderen alkoholischen Feierabendgetränk verführt wird, scheint es nur logisch, dass gerade in Gaststätten eine erhöhte Sorgfaltspflicht für die Betreiber besteht. Dass diese aber nicht für alles haftbar gemacht werden können, das Gäste zu Fall bringt, zeigt der Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Eine Gaststätte verfügte über eine Terrasse im Außenbereich, deren Boden mit Natursteinen im Polygonalverfahren ausgestattet war. In den Zwischenräumen der Steine befand sich Beton. Der Steinbelag wies daher gewisse Unebenheiten und Fugen auf. So kam es dann auch, wie es kommen musste, um hier davon zu lesen: Auf dem Rückweg von der Toilette zu seinem Tisch verletzte sich ein Gast. Er nahm daraufhin den Gastwirt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch und behauptete, sich beim Sturz unter anderem sechs Zähne ausgeschlagen zu haben.

Das Problem war, dass der verunfallte Gast auch gegenüber dem OLG verschwieg, wie es genau zu dem Sturz kam. Hinzu trat die richterliche Auffassung, dass ein Gast nicht mit einer vollständig ebenen Fläche rechnen muss, wenn die betreffende Terrasse einen rustikalen, mediterranen Eindruck vermittelt. Gastwirte sind nicht verpflichtet, einen gänzlich gefahrfreien Zustand der begehbaren Fläche herzustellen. Gäste müssen ihren Gang vielmehr den erkennbaren Bedingungen der Örtlichkeiten anpassen.

Hinweis: Der verletzte Gast hätte hier sicherlich mehr zur Ursache des Sturzes vortragen müssen. Trotzdem zeigt das Urteil sehr gut, welche Grenzen die Sorgfaltspflicht hat.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.07.2023 - 11 U 33/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 10/2023)

Erbschaftsausschlagung wirksam: Ausfertigung notarieller Ausschlagungserklärung erfüllt gesetzliches Formerfordernis

Oft genug muss gerichtlich geklärt werden, was ein Erblasser womöglich gewollt hatte, als dieser schlichtweg unklare oder stark lückenhafte Formulierungen in seiner letztwilligen Verfügung wählte. Im Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) verhielt es sich umgekehrt. Hier sahen Nachkommen mehr Raum für eine Testamentsauslegung zu ihren Gunsten, als der Erblasser selbst offengelassen hatte.

Oft genug muss gerichtlich geklärt werden, was ein Erblasser womöglich gewollt hatte, als dieser schlichtweg unklare oder stark lückenhafte Formulierungen in seiner letztwilligen Verfügung wählte. Im Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) verhielt es sich umgekehrt. Hier sahen Nachkommen mehr Raum für eine Testamentsauslegung zu ihren Gunsten, als der Erblasser selbst offengelassen hatte.

Der kinderlose Erblasser hatte eine Schwester und zwei Brüder, die zwar alle vor ihm verstorben waren, aber Nachkommen hinterließen. Der Erblasser verfasste mehrere letztwillige Verfügungen, in denen er insbesondere immer Ersatzerben für den Fall des Wegfalls der benannten Erben einsetzte. 2003 widerrief der Erblasser seine vorherigen Verfügungen und bestimmte einen Bruder zum Alleinerben, dessen Ehefrau zur Ersatzerbin und deren Sohn (also den Neffen des Erblassers) zum Ersatzerben nach der Mutter. In einem weiteren Testament strich der Erblasser nach einem Streit 2020 seinen Neffen als Ersatzerben seiner Mutter. Der als Bruder eingesetzte Alleinerbe war da bereits vorverstorben.

Die Schwägerin des Erblassers schlug die Erbschaft im August 2022 schließlich aus, um keine Grundsicherungsleistungen zu verlieren. Daraufhin beantragte einer der Söhne des als Ersatzerben ausgeschlossenen Neffen die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und seine Geschwister als Miterben zu je 1/3-Anteil ausweisen sollte. Er argumentierte, dass die Testamente von 2003 und 2020 dahingehend auszulegen seien, dass der Erblasser nur den Erbenstamm seines Bruders bedenken wollte und der Vater der Geschwister (der einstige Neffe des Erblassers) ja nicht mehr als Ersatzerbe vorgesehen war. Es müsse also im Sinne des Erblassers gewesen sein, dass die in seinem Eigentum stehende Immobilie an die Geschwister - als Enkel des vorverstorbenen Bruders - weitergegeben werde.

Das Amtsgericht lehnte ebenso wie das OLG eine ergänzende Testamentsauslegung ab und wies den Erbscheinantrag zurück. Das Gericht konnte nicht feststellen, dass es dem Willen des Erblassers entsprochen hätte, dass die Großneffen bei Wegfall der Schwägerin als Erbin zu deren Ersatzerben bestimmt werden sollten. Schließlich sei dem Erblasser aufgrund der vorherigen Verfügungen das Konstrukt der Benennung von Ersatzerben bekannt gewesen. Ihm war also offensichtlich bewusst, dass die Streichung seines Neffen als Ersatzerben (Vater der Antragsteller) entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen würde, wenn die Schwägerin nicht zur Erbin wird. Auch aus dem Umstand, dass der Erblasser zunächst seine Schwägerin als Erbin und deren Sohn als Ersatzerben benannt hatte, kann nicht gefolgert werden, dass hierdurch beim Wegfall eines Erben der nächste im Stamm zur Erbfolge berufen sein sollte. Aufgrund des Umstands, dass der Erblasser seinen Neffen von der Erbfolge ausgeschlossen hatte, sei für eine derartige Testamentsauslegung kein Raum mehr.

Hinweis: Eine ergänzende Auslegung kommt nur dann in Betracht, wenn im Rahmen einer einfachen Auslegung der Erblasserwille nicht ermittelt werden kann. Sie dient dazu, vom Erblasser eigentlich unbeabsichtigte Lücken im Testament zu schließen.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2023 - 3 Wx 76/23
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

Kein Recht auf absolute Stille: Bewegt sich Lärm von Hundespielplatz im gesetzlichen Rahmen, muss er toleriert werden

Bewertungen in Onlineportalen sind heute deshalb absolut üblich, weil sich Konsumenten für Erfahrungen anderer mit einem Produkt, das sie nicht anfassen können, vor dem Kauf ebenso interessieren wie zu Dienstleistungen, bei denen schon zu Offline-Zeiten immer die "gute Empfehlung" zählte. Umso wichtiger ist es dann auch, dass Empfehlungen oder auch Kritiken auf realen Erfahrungen basieren. Und das bedeutete auch im Fall des Landgerichts Frankenthal (LG): Sie müssen objektiv nachweisbar sein.

Bewertungen in Onlineportalen sind heute deshalb absolut üblich, weil sich Konsumenten für Erfahrungen anderer mit einem Produkt, das sie nicht anfassen können, vor dem Kauf ebenso interessieren wie zu Dienstleistungen, bei denen schon zu Offline-Zeiten immer die "gute Empfehlung" zählte. Umso wichtiger ist es dann auch, dass Empfehlungen oder auch Kritiken auf realen Erfahrungen basieren. Und das bedeutete auch im Fall des Landgerichts Frankenthal (LG): Sie müssen objektiv nachweisbar sein.

Ein Mann hatte ein Umzugsunternehmen beauftragt. Später bewertete er auf einer Online-Bewertungsplattform das Unternehmen mit nur einem von fünf möglichen Sternen. Unter anderem hatte er behauptet, dass ein Möbelstück beim Transport beschädigt worden sei und sich niemand darum gekümmert habe, den Schaden zu beheben. Das wollte das Umzugsunternehmen nicht auf sich sitzen lassen und klagte. Es stritt ab, dass es überhaupt zu einem Schaden gekommen sei, und legte eine Unterlassungsklage ein.

Die negative Äußerung des Kunden in dem Onlinebewertungsportal schade dem Inhaber des Umzugsunternehmens. Dem stünde zwar das Recht des Kunden gegenüber, seine Meinung über den durchgeführten Auftrag in der Bewertung frei äußern zu dürfen. Die im Streit stehende Behauptung, es sei ein Möbelstück beschädigt worden, ist jedoch keine Meinung, sondern eine Tatsachenbehauptung. Eine solche muss aber nur hingenommen werden, wenn der Wahrheitsgehalt der Äußerung feststeht. Deshalb muss derjenige, der in Internetbewertungen eine Tatsache behauptet, im Streitfall beweisen, dass diese auch zutreffend ist. Dies war dem Kunden des Umzugsunternehmens jedoch nicht gelungen. Deshalb gab das LG der Unterlassungsklage statt.

Hinweis: Wer eine negative Bewertung in einem Onlineportal hinterlässt, sollte sich vorher genau überlegen, was er postet. So lässt sich eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten sicherlich vermeiden.


Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 22.05.2023 - 6 O 18/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 10/2023)

Straftat dem Vermieter gegenüber: Todesdrohung führt zu außerordentlicher Kündigung

Eine Eigenbedarfskündigung ist ein probates Mittel, um Mieter aus einer Wohnung oder einem Haus zu kündigen. Das ist insoweit auch in Ordnung, da Miete eben kein Eigentum darstellt. Wie der Name es aber bereits sagt: Es muss bei der Eigenbedarfskündigung der entsprechende Bedarf auch bestehen und im Zweifel nachgewiesen werden. In einem der besonders umkämpften Wohngebiete musste das dortige Landgericht Berlin (LG) der wahren Motivlage nach einer solchen Kündigung auf die Spur kommen.

Eine Eigenbedarfskündigung ist ein probates Mittel, um Mieter aus einer Wohnung oder einem Haus zu kündigen. Das ist insoweit auch in Ordnung, da Miete eben kein Eigentum darstellt. Wie der Name es aber bereits sagt: Es muss bei der Eigenbedarfskündigung der entsprechende Bedarf auch bestehen und im Zweifel nachgewiesen werden. In einem der besonders umkämpften Wohngebiete musste das dortige Landgericht Berlin (LG) der wahren Motivlage nach einer solchen Kündigung auf die Spur kommen.

Ein Mann besaß zwei Eigentumswohnungen, die er nicht selbst bewohnte. In der einen wohnte sein Ehemann, die andere - eine Dreizimmerwohnung mit 96 m² - war an den Mann vermietet, der sich nun mit einer Eigenbedarfskündgung konfrontiert sah. Der Ehemann hatte die von ihm bewohnte Wohnung nämlich an seinen Ehemann zurückgegeben - sie sollte zur Rücklagenbildung verkauft werden, und zwar leerstehend. Somit wurde der Ehemann in Augen des Klägers zur Bedarfsperson, die in die 96 m² große Dreizimmerwohnung des Mieters ziehen sollte. Schließlich wurde eine Räumungsklage eingereicht.

Das LG wies die Klage jedoch zurück. Die Eigenbedarfskündigung war wegen eines Rechtsmissbrauchs unwirksam. Der Wohnbedarf war durch die Umgehung des Rechts durch den Umzug des Ehemanns des Mieters erst geschaffen worden. Der Mieter musste also nicht ausziehen.

Hinweis: Die bewusste Umgehung der Mieterschutzregelungen ist ein gefährliches Spiel, das sehr teuer werden kann. Neben strafrechtlich relevantem Verhalten steht hier auch die Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld im Raum.


Quelle: LG Berlin, Urt. v. 02.06.2023 - 66 S 170/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

Streichung des Ersatzerben: Offensichtlich bedachte Erbreihenfolge schließt Spielräume bei Testamentsauslegung aus

Die Auslegung von Testamenten und Erbverträgen gehört zum Regelfall, wenn es um die Ermittlung des letzten Willens eines Erblassers geht. Welche Folgen es haben kann, wenn das Rechtsgeschäft, das der Erblasser gewollt hat, unzulässig ist, war Gegenstand dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Die Auslegung von Testamenten und Erbverträgen gehört zum Regelfall, wenn es um die Ermittlung des letzten Willens eines Erblassers geht. Welche Folgen es haben kann, wenn das Rechtsgeschäft, das der Erblasser gewollt hat, unzulässig ist, war Gegenstand dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Die Eheleute hatten sich aufgrund eines notariellen gemeinschaftlichen Testaments gegenseitig zu Erben zu 6/7 eingesetzt. Der Erstversterbende setzte darüber hinaus einen Sohn zu 1/7 zum Vorerben ein. Die Ausnahme zu dieser Regelung sollte ein Grundstück bilden, als dessen Alleinerbe ausdrücklich der überlebende Ehegatte vorgesehen war. Als das OLG dann über eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts zum Grundstück zu entscheiden hatte und die Sache wegen einer rechtswidrigen Zwischenverfügung zurück an das Amtsgericht verwies, fiel ihm etwas auf: Die testamentarische Regelung war ihrem Wortlaut nach unzulässig. Die Erbeinsetzungen in dem Testament verstoßen gegen die zwingende Regelung des Erbrechts über eine Gesamtrechtsnachfolge - eine Rechtsnachfolge bezüglich einzelner Vermögensgegenstände ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Eheleute seien hier aber offensichtlich davon ausgegangen, dass neben dem überlebenden Ehegatten auch der Sohn als Überlebender zu 1/7 als Vorerbe des Erstversterbenden eingesetzt werden sollte.

Ist das Rechtsgeschäft unwirksam und daher auch für eine Auslegung nicht mehr zugänglich, kommt nach Ansicht des OLG eine Umdeutung in ein wirksames Rechtsgeschäft in Betracht. Die Zuwendung des Miteigentumsanteils an den Überlebenden entspräche einer sogenannten Teilungsanordnung, die im Rahmen eines Testaments auch getroffen werden kann. Bei einer solchen Teilungsanordnung wird festgelegt, wie die Nachlassverteilung unter bestimmten Miterben mit feststehenden Erbteilen erfolgen soll. Das AG ist bei seiner erneuten Entscheidung nun angehalten, diese rechtlichen Hinweise bei einer Entscheidung über die Grundbuchberichtigung zu berücksichtigen.

Hinweis: Die Einhaltung einer Teilungsanordnung ist für jeden Miterben rechtlich durchsetzbar. Bei Einigkeit unter allen Miterben kann von einer Teilungsanordnung abgewichen werden.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.08.2023 - 3 Wx 105/23
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

Aus Amt entfernt: Vergütunganspruch eines Testamentsvollstreckers nur nach besonders groben Pflichtverstößen verwirkt

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist die Installation eines Verwaltungsbeirats gerade in größeren Anlagen sehr sinnvoll. Ein solcher Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht letztendlich den Verwalter. Ob eine Beirätin dafür mit einer fest definierten Summe entschädigt werden darf, war im Folgenden eine von zwei Fragen zum Verwaltungsrat. Die andere, gegen die Miteigentümer ebenfalls vor das Amtsgericht Charlottenburg (AG) zogen, war sicherlich die schwerwiegendere, wenn man sich die Folgen des angefochtenen Beschlusses zu Gemüte zieht.

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist die Installation eines Verwaltungsbeirats gerade in größeren Anlagen sehr sinnvoll. Ein solcher Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht letztendlich den Verwalter. Ob eine Beirätin dafür mit einer fest definierten Summe entschädigt werden darf, war im Folgenden eine von zwei Fragen zum Verwaltungsrat. Die andere, gegen die Miteigentümer ebenfalls vor das Amtsgericht Charlottenburg (AG) zogen, war sicherlich die schwerwiegendere, wenn man sich die Folgen des angefochtenen Beschlusses zu Gemüte zieht.

In einer Eigentümerversammlung wurde beschlossen, dass eine Beirätin eine jährliche Aufwandsentschädigung von 1.000 EUR erhalten soll. Zudem wurde der Verwalter ermächtigt, nach vorheriger Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat Wartungs-, Lieferanten, Versicherungs-, Versorgungs- und Dienstleistungsverträge im Namen der Eigentümergemeinschaft zu kündigen, zu ändern, zu verlängern, zu erweitern und neu abzuschließen. Gegen diese beiden Beschlüsse zogen Miteigentümer der WEG vor das Gericht.

Das AG gab den klagenden Eigentümern Recht. Wird ein Verwaltungsbeirat bestellt, ist er grundsätzlich unentgeltlich tätig und kann lediglich den Ersatz seiner ihm tatsächlich entstandenen Aufwendungen verlangen. Ein nicht zweckgebundener freier Beitrag darf ihm hingegen nicht zugewandt werden.

Ebenso rechtswidrig war der Beschluss zu den erweiterten Kompetenzen des Verwalters. Denn seine Kompetenzen wären damit schier uferlos geworden. Er könne Verträge mit unbeschränkter Summe und undefiniertem Gegenstand mit Dienstleistern aller Art abschließen - also auch Verträge in mehrfacher Millionenhöhe mit Baufirmen und Planern. Diese dürften dann selbst Gemeinschaftseigentum erheblich umgestalten, obwohl die Gemeinschaft diese baulichen Veränderungen nicht durch Beschluss gestattet hat und die Bausumme die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinschaft übersteigen könnte. Ein Beschluss, der den Verwalter zum Herrn der Gemeinschaft macht und die Eigentümer zu Knechten, die seinen Willen auszuführen haben, ist rechtswidrig und für ungültig zu erklären.

Hinweis: Keine WEG sollte sich die originären Rechte aus der Hand nehmen lassen. Es geht um Eigentum, das eben auch Rechte und Pflichten mit sich bringt.


Quelle: AG Charlottenburg, Urt. v. 12.05.2023 - 73 C 62/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

Umgehung des Mieterschutzes: Kündigung wegen künstlich herbeigeführten Eigenbedarfs unwirksam

Gefühlt wird über kaum eine Mietrechtsfrage so häufig vor Gerichten gestritten, wie über Betriebskosten und Mieterhöhungen. Streitigkeiten über die Installation und die Wartung der vorgeschriebenen Rauchwarnmelder waren schon des Öfteren vom Bundesgerichtshof (BGH) zu beurteilen, der auch den folgenden Fall zu bewerten hatte. Hier ging es um knappe 80 Cent - und natürlich, wie so oft, um das Prinzip.

Gefühlt wird über kaum eine Mietrechtsfrage so häufig vor Gerichten gestritten, wie über Betriebskosten und Mieterhöhungen. Streitigkeiten über die Installation und die Wartung der vorgeschriebenen Rauchwarnmelder waren schon des Öfteren vom Bundesgerichtshof (BGH) zu beurteilen, der auch den folgenden Fall zu bewerten hatte. Hier ging es um knappe 80 Cent - und natürlich, wie so oft, um das Prinzip.

Eine Vermieterin ersetzte die vorhandenen Rauchwarnmelder durch neue, gleichwertige Geräte. Dafür wollte sie eine Mieterhöhung von monatlich 0,79 EUR wegen einer Modernisierungsmaßnahme durchsetzen - schließlich auch gerichtlich. Zwar erhielt sie in den ersten beiden Instanzen Recht. Doch beim BGH war Schluss.

Zwar können Vermieter grundsätzlich nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen die jährliche Miete um 8 % der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Richtig ist auch, dass der BGH bereits entschieden hatte, dass die Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern durch den Vermieter regelmäßig zu einer Verbesserung der Sicherheit und damit auch zu einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswerts der Mietsache führe. Das bezog sich jedoch auf die erstmalige Ausstattung einer Mietwohnung mit Rauchwarnmeldern. Der bloße Austausch durch gleichwertige Geräte sei jedoch keine Modernisierung - und deshalb können die Kosten auch nicht umgelegt werden.

Hinweis: Die Frage, welche Betriebskosten auf Mieter umgelegt werden können oder wann eine Mieterhöhung zu akzeptieren ist, kann im Zweifelsfall der Rechtsanwalt des Vertrauens beantworten. Es gibt zu diesem Problemkreis bereits eine unglaubliche Vielzahl von Entscheidungen der Gerichte; nun ist eine weitere hinzugekommen.


Quelle: BGH, Urt. v. 24.05.2023 - VIII ZR 213/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

Sorgfaltspflicht hat Grenzen: Gaststätte muss auf rustikal-mediterraner Terrasse keinen komplett ebenen Untergrund garantieren

Die Ausschlagung einer Erbschaft erfolgt durch Erklärung zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form, in der Regel durch notarielle Beurkundung. Darüber hinaus ist die Ausschlagung fristgebunden, wobei für den Beginn der Frist auf die Kenntnis des Ausschlagenden von der Erbschaft abgestellt wird. Mit den Besonderheiten dieses Form- und Fristerfordernisses musste sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beschäftigen.

Die Ausschlagung einer Erbschaft erfolgt durch Erklärung zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder in öffentlich beglaubigter Form, in der Regel durch notarielle Beurkundung. Darüber hinaus ist die Ausschlagung fristgebunden, wobei für den Beginn der Frist auf die Kenntnis des Ausschlagenden von der Erbschaft abgestellt wird. Mit den Besonderheiten dieses Form- und Fristerfordernisses musste sich das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beschäftigen.

Eheleute hatten im Jahr 2007 ein gemeinschaftliches eigenhändiges Testament errichtet und sich gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Nach dem Tod des Letztversterbenden sollten die Töchter aus erster Ehe Erbinnen werden. Der überlebende Ehegatte sollte zu Lebzeiten über den Nachlass frei verfügen dürfen - nicht jedoch durch eine neue letztwillige Verfügung. Nach dem Tod der Ehefrau erklärte der überlebende Ehemann durch notarielle Urkunde die Ausschlagung der Erbschaft. Der Notar beantragte unter Bezugnahme auf die Erbschaftsausschlagung sowie das gemeinschaftliche Testament einen gemeinschaftlichen Erbschein zugunsten der Töchter der Eheleute. Die erklärte Ausschlagung übersandte der Notar jedoch nicht im Original, sondern als Ausfertigung an das Nachlassgericht. Dieses war der Ansicht, dass die Erbschaftsausschlagung immer im Original nachgewiesen werden müsse. Die Ausschlagung sei auch nicht fristgerecht erfolgt, da davon auszugehen sei, dass bereits mit dem Tod der Erblasserin festgestanden haben muss, dass der Ehemann Erbe geworden ist. Aus diesem Grund könne dieser sich nicht darauf berufen, dass die Erbfolge regelmäßig erst nach Bekanntmachung der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht feststehe. Das Nachlassgericht wies daher den Antrag auf einen gemeinschaftlichen Erbschein der Töchter zurück.

Diese Entscheidung hat das OLG aufgehoben und festgestellt, dass der beantragte Erbschein zugunsten der Töchter zu erteilen war, da der Ehemann die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hatte. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass für die Ausschlagungserklärung nicht die Vorlage der Erklärung im Original notwendig ist. Die Ausfertigung der notariellen Ausschlagungserklärung erfüllt bereits das gesetzliche Formerfordernis. Darüber hinaus gibt es keinen Erfahrungssatz, der den Rückschluss zulässt, dass bei einer gewillkürten Erbfolge die Frist zur Ausschlagung bereits vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen beginnt.

Hinweis: Fehlt in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament eine Ersatzerbenregelung und schlägt der testamentarische Alleinerbe die Erbschaft aus, führt die ergänzende Auslegung regelmäßig dazu, dass mit einer bindenden Schlusserbeneinsetzung der Kinder diese gleichzeitig auch Ersatzerben werden sollten.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.07.2023 - 3 Wx 91/23
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)

Beschlussfreudige WEG: Beschluss darf Verwalter nicht zum Herrn der Gemeinschaft und Eigentümer zu Knechten machen

Unser Grundgesetz regelt in Art. 13 die sogenannte Unverletzlichkeit der Wohnung. Selbstverständlich gibt es Voraussetzungen, die auch dieses Grundrecht außer Kraft setzen - dennoch zeigt dieses Grundrecht, was die Wohnung uns Menschen bedeutet. Sie ist ein sicherer Rückzugsort, die dem Einzelnen einen elementaren Lebensraum zusichert. Da eine Mietwohnung jedoch einen anderen Eigentümer als die Bewohner hat, steht außer Frage, dass es dem Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich sein muss, dieses Eigentum zu betreten. Wann dieses Recht nicht einfach durchzusetzen ist, zeigt dieser Fall, der bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ging.

Unser Grundgesetz regelt in Art. 13 die sogenannte Unverletzlichkeit der Wohnung. Selbstverständlich gibt es Voraussetzungen, die auch dieses Grundrecht außer Kraft setzen - dennoch zeigt dieses Grundrecht, was die Wohnung uns Menschen bedeutet. Sie ist ein sicherer Rückzugsort, die dem Einzelnen einen elementaren Lebensraum zusichert. Da eine Mietwohnung jedoch einen anderen Eigentümer als die Bewohner hat, steht außer Frage, dass es dem Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich sein muss, dieses Eigentum zu betreten. Wann dieses Recht nicht einfach durchzusetzen ist, zeigt dieser Fall, der bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) ging.

In einem Mietvertrag hatte der Vermieter mit seiner Mieterin vereinbart, dass die Besichtigung der Mieträume zu verkehrsüblicher Tageszeit nach vorheriger rechtzeitiger Ankündigung aus besonderem Anlass möglich sein soll - insbesondere im Fall der Beendigung des Mietverhältnisses zwecks anderweitiger Vermietung oder bei beabsichtigtem Verkauf der Wohnung. Zwei Jahre nach Abschluss des Mietvertrags wollte der Vermieter die Wohnung verkaufen und forderte seine Mieterin auf, ihm und Interessenten in Begleitung von Immobilienmaklern den Zutritt zur Wohnung zu gestatten. Die Mieterin lehnte dies unter Verweis auf eine schwerwiegende psychische Erkrankung ab.

Das erstinstanzliche Amtsgericht bot einen (abgelehnten) Kompromiss an, bei dem maximal zwei Personen für maximal 45 Minuten die Wohnung zur Besichtigung betreten dürften. Doch ein später vom Landgericht (LG) beauftragter Psychiater bestätigte, dass die Mieterin schon lange an einer komplexen psychischen Störung leide. Ihre Wohnung sei nach mehreren Suizidversuchen ihr einziger Schutzraum, den "Fremde" nun bedrohen würden, wenn sie die Wohnung betreten. Ein erneuter Suizidversuch sei nicht unwahrscheinlich. Auf Basis dieses Gutachtens lehnte das LG die Klage der Vermieter als "derzeit unbegründet" ab.

Schließlich ging der Rechtsstreit bis zum BGH. Zunächst bestätigte dieser, dass es grundsätzlich eine vertragliche, aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch herzuleitende Nebenpflicht des Wohnraummieters ist, dem Vermieter nach entsprechender Vorankündigung den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gebe. Eine solche Pflicht kann sich (wie hier vorliegend) zudem aus einer entsprechenden Vereinbarung im Mietvertrag ergeben. Dennoch gilt, dass das Besichtigungsrecht der Vermieter eingeschränkt werden könne, wenn Gesundheit oder Leben der Mieterin dadurch ernsthaft in Gefahr gebracht würden. Dann müssten die Eigentümerinteressen zurückstehen. Hier muss die Vorinstanz jedoch nochmals prüfen, ob sich die gesundheitlichen Folgen für die Mieterin durch entsprechende Einschränkungen des Besuchsrechts reduzieren lassen. Der BGH verwies die Angelegenheit deshalb an das Berufungsgericht zurück. Das LG hatte in Augen des BGH nämlich die Möglichkeit außer Acht gelassen, die Besichtigung in Abwesenheit der Mieterin durchzuführen. Der Gutachter habe erklärt, dass sich die Gesundheitsrisiken reduzieren ließen, wenn eine Vertrauensperson der Mieterin an ihrer statt an der Wohnungsbesichtigung teilnähme.

Hinweis: Mieter sollten stets beachten, dass der Vermieter grundsätzlich nach vorheriger Ankündigung ein Besichtigungsrecht der Wohnung oder des Mietshauses hat. Natürlich dürfen es Vermieter dabei nicht übertreiben. Was möglich ist und was nicht, kann im Zweifel der Rechtsanwalt des Vertrauens sagen.


Quelle: BGH, Urt. v. 26.04.2023 - VIII ZR 420/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 10/2023)