Neuigkeiten - Recht

Vermietung von Einzelzimmern: Bei nur einem Stromzähler gilt Vermieter als Vertragspartner des Energieversorgers

Wer schon einmal ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft bewohnt hat, kennt sicherlich die Diskussion, wer wie viel Energie verbraucht und dafür zahlen sollte. Im folgenden Fall, bei dem eine Vermieterin direkt alle Zimmer einer Wohnung separat vermietet hatte, war es nun am Bundesgerichtshof (BGH) zu entschieden, wer wie viel zahlen muss. Die Wohnung hatte nämlich nur einen Stromzähler, für diesen aber keinen Vertrag mit dem Energieversorger.

Wer schon einmal ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft bewohnt hat, kennt sicherlich die Diskussion, wer wie viel Energie verbraucht und dafür zahlen sollte. Im folgenden Fall, bei dem eine Vermieterin direkt alle Zimmer einer Wohnung separat vermietet hatte, war es nun am Bundesgerichtshof (BGH) zu entschieden, wer wie viel zahlen muss. Die Wohnung hatte nämlich nur einen Stromzähler, für diesen aber keinen Vertrag mit dem Energieversorger.

In dem Fall hatte eine Vermieterin alle Zimmer einer Wohnung einzeln vermietet. Küche und Bad durften von allen Mietern gemeinsam genutzt werden. Es gab aber nur je einen Strom- und Gaszähler für die gesamte Wohnung. Einen schriftlichen Vertrag mit dem Energieversorger gab es nicht. Trotzdem lieferte dieser Strom und Gas. Nun wollte er Geld, aber von wem nun genau - von den Mietern oder der Vermieterin?

Der BGH entschied: Der Vertrag kommt mit der Vermieterin zustande, nicht mit den einzelnen Mietern. Das liegt daran, dass nur ein gemeinsamer Zähler vorhanden ist und der Energieverbrauch der einzelnen Mieter nicht genau gemessen werden kann. Außerdem sei es untypisch, dass ein Mieter für den Verbrauch anderer mitzahlen will. Dass die Mieter allein den Strom und das Gas verbrauchen, ändert daran nichts. Entscheidend ist, dass sich das Angebot des Versorgers an die Eigentümerin richtet - weil sie das Mietmodell mit Einzelzimmern ohne eigene Zähler gewählt hat.

Hinweis: Wer Zimmer einzeln vermietet, aber nur einen Zähler für Strom und Gas hat, bleibt in der Regel selbst Vertragspartner des Energieversorgers. Die Mieter müssen dann nicht direkt zahlen. Vermieter sollten sich überlegen, ob separate Zähler sinnvoll sind.


Quelle: BGH, Urt. v. 15.04.2025 - VIII ZR 300/23
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Umfassende Vertretungsmacht: WEG-Verwalter darf Hausmeister kündigen, selbst wenn dieser zu den Eigentümern gehört

Nachdem sich die beiden Vorinstanzen nicht ganz einig waren, ob und wie ein Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) einem angestellten Hausmeister kündigen darf, musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) an den folgenden Fall. Dessen zentrale Frage war, ob vorher ein Beschluss der Eigentümer hätte gefasst werden müssen oder der Verwalter hier eigenmächtig habe handeln dürfen.

Nachdem sich die beiden Vorinstanzen nicht ganz einig waren, ob und wie ein Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) einem angestellten Hausmeister kündigen darf, musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) an den folgenden Fall. Dessen zentrale Frage war, ob vorher ein Beschluss der Eigentümer hätte gefasst werden müssen oder der Verwalter hier eigenmächtig habe handeln dürfen.

Ein Wohnungseigentümer war gleichzeitig Hausmeister bei seiner eigenen WEG. Die Verwalterin kündigte ihm erst einmal Ende 2022, einigte sich mit ihm aber auf einen Vergleich. Einige Monate später kündigte sie ihm jedoch erneut - diesmal zum 28.05.2023. Der Hausmeister wehrte sich und meinte, die Kündigung sei unwirksam, weil die Verwalterin keine schriftliche Vollmacht vorgelegt und es keinen Beschluss der Eigentümer gegeben habe. Außerdem sei die Kündigung unfair und verstoße gegen seine Rechte. Zunächst gab das Arbeitsgericht der Verwalterin Recht, das Landesarbeitsgericht meinte hingegen, die Kündigung sei zwar wirksam, gelte aber erst drei Tage später - also zum 31.05.

Der Hausmeister legte Revision ein, doch auch das BAG hielt die Kündigung für rechtmäßig. Die Verwalterin durfte den Arbeitsvertrag ohne vorherigen Beschluss kündigen. Denn laut Gesetz hat ein Verwalter eine umfassende Vertretungsmacht für die WEG - und diese gilt auch für Kündigungen. Diese Vertretungsmacht kann man zwar gegenüber den Eigentümern selbst beschränken, nicht aber gegenüber jemandem, der von außen kommt - auch, wenn es sich (wie hier) beim angestellten und nun gekündigten Hausmeister selbst um einen Eigentümer handelt. Solange keine besondere Regelung getroffen wurde, darf der Verwalter also kündigen, ohne vorher alle Eigentümer zu fragen.

Hinweis: Verwalter dürfen Hausmeistern auch ohne extra Beschluss der Eigentümer kündigen. Eine Einschränkung der Vertretungsmacht gilt nicht gegenüber Beschäftigten. Wer zugleich Eigentümer und Angestellter ist, wird in solchen Fällen wie ein Außenstehender behandelt.


Quelle: BAG, Urt. v. 06.03.2025 - 2 AZR 115/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Zulässige Gebrauchsüberlassung: Hotelzimmervermietung an Kommune für in Obhut stehende Jugendliche rechtens

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) musste überprüfen, ob die Vermietung von Hotelzimmern an eine Stadt zur vorübergehenden Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter den Zweck eines Hotels überschreitet. Die Kollegen des vorinstanzlichen Landgerichts (LG) teilten dahingehend noch die Ansicht der Klägerin, der verpachtenden Partei.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) musste überprüfen, ob die Vermietung von Hotelzimmern an eine Stadt zur vorübergehenden Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter den Zweck eines Hotels überschreitet. Die Kollegen des vorinstanzlichen Landgerichts (LG) teilten dahingehend noch die Ansicht der Klägerin, der verpachtenden Partei.

In dem Fall hatte die Verpächterin ihrer Hotelpächterin den Pachtvertrag gekündigt, weil diese Zimmerkontingente an das Jugendamt einer Stadt vermietet hatte, das dort Jugendliche unterbrachte. Die Verpächterin meinte, das sei nicht erlaubt und widerspreche dem vereinbarten Nutzungszweck des Gebäudes. Das LG gab der Verpächterin zunächst Recht und verurteilte die Pächterin zur Räumung.

Das OLG sah das anders und wies die Klage zurück. Es stellte klar, dass im Hotelbetrieb immer Zimmer an verschiedene Gäste vermietet werden. Auch wenn eine Firma - oder wie hier eine Kommune - viele Zimmer gleichzeitig anmietet, sei das grundsätzlich erlaubt. Es ist noch kein Verstoß gegen den Vertrag, wenn die Kommune einzelne Zimmer für eine bestimmte Zeit bucht, um unbegleitete minderjährige Geflüchtete unterzubringen. Erst wenn die Kommune das ganze Gebäude übernehmen und dauerhaft zu einer anderen Nutzung umbauen würde, könnte das anders bewertet werden. Auch eine besondere Abnutzung oder Vernachlässigung der Räume durch die Gäste wurde nicht festgestellt. Die vereinbarte Nutzung als Hotel bleibt gewahrt, denn es käme nicht darauf an, wer die Gäste seien oder wie lange sie blieben. Entscheidend sei, dass die Unterkunft und die typischen Hotelservices angeboten werden. Eine Einschränkung dahingehend, an wen die Zimmer vermietet werden dürfen, bestehe nicht, solange die Räume nicht beschädigt oder übermäßig beansprucht werden. Die Grenze zur unzulässigen Gebrauchsüberlassung wäre allenfalls dann überschritten, wenn die Stadt das gesamte Gebäude übernommen und zu einem Flüchtlingsheim umgebaut hätte. Dies war hier jedoch nicht der Fall.

Hinweis: Hotels dürfen Zimmer auch in größeren Kontingenten an Firmen oder Behörden vermieten. Die Art der Gäste oder deren Aufenthaltsdauer bestimmt den Hotelbetrieb nicht allein. Eine fristlose Kündigung wegen solcher Vermietungen ist nur bei erheblicher Vertragsverletzung möglich.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 21.02.2025 - 2 U 63/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Rechtmäßige Kfz-Sicherstellung: Keine Herausgabe des Schmugglerfahrzeugs bei begründetem Verdacht auf Drogengeschäfte

Der Kampf gegen illegale Drogen erinnert oft an das Rennen zwischen Hase und Igel. Im Folgenden war endlich mal wieder der "Hase" erfolgreich, und zwar in Einheit von Zollfahndung und Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (VG). Der Zoll entdeckte das eindeutig als Schmugglerfahrzeug erkennbare Auto und stellte es sicher. Und das Gericht musste nun entscheiden, ob die Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs berechtigt ist.

Der Kampf gegen illegale Drogen erinnert oft an das Rennen zwischen Hase und Igel. Im Folgenden war endlich mal wieder der "Hase" erfolgreich, und zwar in Einheit von Zollfahndung und Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (VG). Der Zoll entdeckte das eindeutig als Schmugglerfahrzeug erkennbare Auto und stellte es sicher. Und das Gericht musste nun entscheiden, ob die Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs berechtigt ist.

Zollbeamte hatten den Kläger auf einer Bundesautobahn kontrolliert. Der Mann gab dabei an, nicht mehr als 10.000 EUR Bargeld mit sich zu führen und auf dem Rückweg nach Zürich zu sein. Dennoch entdeckte die Zollfahndung in einem professionellen Versteck der Rücksitzbank mehr als 1 Mio. EUR, überwiegend in 20-EUR- und 50-EUR-Banknoten. Das Versteck war mit einer Fernbedienung zu öffnen, die der Kläger an seinem Schlüsselbund trug. Mittels sogenannter Drugwipetests stellten die Zollbeamten zudem Kokainanhaftungen an dem Bargeld sowie an Lenkrad und Schaltung des Fahrzeugs fest. Im Navigationsgerät des Autos war die Route Zürich-Arnheim-Dongen-Amersfort-Mailand aktiv. In den Vordersitzen waren weitere Verstecke aufwendig verbaut.

Die auf Aufhebung der Sicherstellung und Herausgabe des Fahrzeugs gerichtete Klage hat das VG nun abgewiesen. Das Gericht ist überzeugt, dass das Bargeld aus Drogengeschäften stammt und das Fahrzeug für dessen Transport genutzt wurde. Dies dränge sich bei derartigen Verstecken auf. Der Kläger konnte die Herkunft des Bargelds nicht plausibel erklären. Die aktive Route im Navigationssystem des Fahrzeugs mit Ziel in Mailand widerlegte zudem seine Angabe, er fahre von den Niederlanden nach Zürich zurück. Bei Rückgabe des Fahrzeugs würde der Kläger es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erneut für Kurierfahrten von Drogengeld oder Drogen benutzen. Die von ihm hilfsweise verlangte Herausgabe nach Ausbau der Sitze komme nicht in Betracht. Denn dem Zoll obliege nicht der aufwendige Umbau des Autos, damit der Kläger dies nicht mehr (zeitnah) zum Drogengeldtransport einsetzen könne. Eine Herausgabe mit der Pflicht zum Umbau durch den Kläger komme aus Gründen der effektiven Gefahrenabwehr ebenso wenig in Betracht. Die Rechtsordnung müsse nicht die Unsicherheit hinnehmen, ob der in der Schweiz wohnhafte Kläger der Pflicht nachkäme.

Hinweis: Die Sicherstellung des Fahrzeugs war rechtmäßig. Die Zollbehörden haben zu Recht eine von dem Fahrzeug ausgehende gegenwärtige Gefahr für die Rechtsordnung angenommen. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder unmittelbar bzw. in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Vorliegend durfte die Behörde annehmen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen war, dass das Fahrzeug des Klägers in allernächster Zeit (erneut) für den illegalen Transport von Drogen bzw. Drogengeldern verwendet wird.


Quelle: VG Gelsenkirchen, Urt. v. 28.04.2025 - 17 K 2963/20
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Urkunde ohne Unterschrift: Notarielle Unterschrift auf Urkundenumschlag heilt Mangel und macht Erbvertrag dennoch wirksam

Wird eine notarielle Urkunde nicht vom Notar unterschrieben, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Beurkundung. Ob sie dennoch wirksam sein kann, wenn sich die Urkunde in einem Umschlag befindet, auf dessen Verschluss der Notar eben jene notwendige Unterschrift geleistet hat, konnte kürzlich vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen (OLG) beantwortet werden.

Wird eine notarielle Urkunde nicht vom Notar unterschrieben, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Beurkundung. Ob sie dennoch wirksam sein kann, wenn sich die Urkunde in einem Umschlag befindet, auf dessen Verschluss der Notar eben jene notwendige Unterschrift geleistet hat, konnte kürzlich vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen (OLG) beantwortet werden.

Die Eheleute hatten gemeinsam mit ihren beiden Töchtern im Jahr 2012 eine notarielle Vereinbarung getroffen, in der sich die Eheleute gegenseitig zu Vorerben einsetzten, während die beiden Töchter zu gleichen Teilen als Nacherben vorgesehen waren. In der Urkunde wurde explizit festgehalten, dass diese Verfügungen als sogenannte vertragsmäßige Verfügungen gelten sollten. Darüber hinaus erklärten beide Töchter den Verzicht auf ihre Pflichtteilsansprüche. Diese Urkunde wurde von dem beurkundenden Notar selbst nicht unterzeichnet. Allerdings befand sich seine Unterschrift auf dem Umschlag, mit dem die Urkunde verschlossen wurde. Im Jahr 2021 errichteten die Eheleute ein gemeinschaftliches notarielles Testament und setzten sich - ohne Beteiligung der Töchter - wechselseitig zu Alleinerben ein. Nach dem Tod der Ehefrau im Jahr 2023 beantragte der Ehemann die Erteilung eines Alleinerbscheins. Diesen Antrag wies das Nachlassgericht aber mit der Begründung zurück, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 2012 wirksam sei und aufgrund der Bindungswirkung nicht aufgehoben werden konnte.

Dieser Ansicht schloss sich auch das OLG an. Es stellte zunächst klar, dass die in dem Erbvertrag getroffenen Verfügungen mit erbvertraglicher Wirkung erfolgt seien. Aufgrund der ausdrücklichen Formulierung in dem Vertrag bliebe kein Raum für eine anderweitige Auslegung. Aus diesem Grund konnte aufgrund der Bindungswirkung der Erbvertrag auch nicht durch die spätere testamentarische Verfügung geändert werden. Der Mangel bei der Erstellung der Urkunde durch die fehlende Unterschrift des Notars sei dadurch geheilt worden, dass der Notar den Umschlag der Urkunde unterschrieben habe. Hierzu sei es im Übrigen nicht erforderlich, dass die Unterschrift zeitlich nach dem Verschließen des Umschlags erfolgen muss. Eine derartige Reihenfolge, die in der Praxis kaum festgestellt werden könne, lässt sich aus der Gesetzesbegründung nicht herleiten.

Hinweis: Zur Vermeidung von schwerwiegenden Konsequenzen aus formalen Fehlern kennt das Gesetz Heilungsmöglichkeiten, wie etwa die Unterschrift auf dem Umschlag oder die qualifizierte elektronische Signatur.


Quelle: Hanseatisches OLG in Bremen, Beschl. v. 09.05.2025 - 1 W 4/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Hecken sind Ländersache: In Hessen zählt statt Höhenbegrenzung nur Mindestabstand zum Nachbarn

Wie hoch eine Hecke sein darf, entscheidet das jeweilige Landesrecht. Um einem Zwist mit Grundstücksnachbarn vorzubeugen, sollte der Zollstock dabei jedoch nicht nur in die Höhe gereckt werden. Denn der Abstand zum jeweiligen Nachbarn ist für eine Hecke, die hoch hinaus will, fast noch wichtiger. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich nun mit einem hessischen Bambusgewächs und den diesbezüglichen Urteilen der Vorinstanzen beschäftigen.

Wie hoch eine Hecke sein darf, entscheidet das jeweilige Landesrecht. Um einem Zwist mit Grundstücksnachbarn vorzubeugen, sollte der Zollstock dabei jedoch nicht nur in die Höhe gereckt werden. Denn der Abstand zum jeweiligen Nachbarn ist für eine Hecke, die hoch hinaus will, fast noch wichtiger. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich nun mit einem hessischen Bambusgewächs und den diesbezüglichen Urteilen der Vorinstanzen beschäftigen.

In dem Fall ging es um zwei Grundstücke in Hessen. Die Beklagte hatte auf einer alten Aufschüttung an der Grenze zu ihrem Nachbarn Bambus gepflanzt. Und dieser tat, was von einem gesund gedeihenden Bambus erwartet wird: Er wuchs tüchtig, so dass bei sechs bis sieben Metern Schluss war mit der Geduld des Grundstücksnachbarn. Dieser verlangte, dass die Pflanzen auf drei Meter zurückgeschnitten werden. Das Landgericht gab ihm noch recht, das Oberlandesgericht (OLG) wies die Klage dann jedoch ab - nun war der BGH gefragt.

Der BGH hob das Urteil auf - aber nicht, weil der Bambus zu hoch war, sondern wegen eines Verfahrensfehlers des OLG. Das war zwar davon ausgegangen, dass der Nachbar den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 75 cm zur Grenze eingehalten habe, woran der BGH jedoch so seine Zweifel hegte. Daher muss das OLG nun prüfen, ob der Abstand auch wirklich eingehalten wurde. Denn grundsätzlich gilt: Nur wenn eine Hecke zu nah an der Grenze steht, kann ein Rückschnitt verlangt werden. Eine Maximalhöhe für Hecken gibt es in Hessen dabei nicht, nur eben die Vorschrift, dass Hecken von zwei Metern Höhe den erwähnten Mindestabstand zum Nachbargrundstück einhalten müssen. Wichtig war in diesem Fall, auch zu betonen, dass die zulässige Höhe dabei vom Boden des Grundstücks gemessen wird, auf dem die Hecke steht - auch wenn dieses höher liegt als das Nachbargrundstück, so wie hier durch eine Aufschüttung. Nur wenn das Gelände künstlich aufgeschüttet wurde, um die Pflanzen höher wirken zu lassen, zähle das ursprüngliche Bodenniveau. Im vorliegenden Fall war die Aufschüttung aber schon Jahrzehnte alt. Deshalb ist der Bambus trotz seiner Höhe möglicherweise erlaubt.

Hinweis: Hecken dürfen grundsätzlich so hoch wachsen, wie es das jeweilige Landesrecht erlaubt. Eine feste Höhengrenze - zum Beispiel drei Meter - gibt es nicht automatisch. Wichtig ist vor allem der Abstand zur Grundstücksgrenze.


Quelle: BGH, Urt. v. 28.03.2025 - V ZR 185/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 07/2025)

Geplante Windkraftanlage: Schwebender Mietzustand kann gekündigt werden, solange der Mietvertrag nichts anderes vorsieht

Manche Mietverträge sind ein Wagnis, weil man gar nicht weiß, ob und wann genau der Zweck der Anmietung erfüllt sein wird. Man mietet quasi auf Verdacht. Dabei beginnt die Vertragsbindung mit Vertragsschluss, die vereinbarte Mietzeit erst mit dem Eintritt der sogenannten aufschiebenden Bedingung. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste im Fall einer geplanten Windkraftanlage entscheiden, ob ein solcher Mietvertrag gekündigt werden kann oder eben nicht.

Manche Mietverträge sind ein Wagnis, weil man gar nicht weiß, ob und wann genau der Zweck der Anmietung erfüllt sein wird. Man mietet quasi auf Verdacht. Dabei beginnt die Vertragsbindung mit Vertragsschluss, die vereinbarte Mietzeit erst mit dem Eintritt der sogenannten aufschiebenden Bedingung. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste im Fall einer geplanten Windkraftanlage entscheiden, ob ein solcher Mietvertrag gekündigt werden kann oder eben nicht.

Sollte die Theorie zu trocken sein - hier kommt die Praxis: Die Klägerin wollte auf einem Feld Windräder errichten und hatte zu diesem Zweck mit der Eigentümerin des Grundstücks einen Vertrag geschlossen. Der Vertrag sollte 20 Jahre laufen - aber erst ab Ende jenes Jahres, in dem die letzte Windkraftanlage in Betrieb genommen werde. Und nun kommt es: Wann genau das sein würde, war bei Vertragsabschluss ebenso wenig klar wie die Antwort auf die Frage, ob es überhaupt dazu käme. Die Klägerin wollte sich Rechte am Grundstück vertraglich sichern, unter anderem für Kabel und Wege. Dann aber kündigte ein neuer Eigentümer des Felds Jahre später den Vertrag, wogegen die Klägerin anging.

Der BGH stellte nun klar: Wenn der Start einer Mietdauer an ein Ereignis geknüpft ist - hier an den Bau und die Inbetriebnahme der Windräder - und dieses Ereignis womöglich gar nicht eintritt, beginne die Mietzeit erst, wenn das Ereignis wirklich eintritt (hier: mit Inbetriebnahme der letzten Windkraftanlage). Solange das noch offen sei, liefe der Vertrag zwar schon, aber eben noch nicht mit fester Mietdauer. In diesem Fall dürfe theoretisch gekündigt werden - außer der abgeschlossene Vertrag regelt es anders. In diesem Fall schloss der Vertrag eine Kündigung vor Beginn der 20 Jahre durch seine Regelungen aus, so dass die Kündigung des Beklagten unwirksam war.

Hinweis: Auch, wenn eine feste Mietzeit vereinbart ist, kann vor deren Beginn unter Umständen gekündigt werden - je nach Vertragsinhalt. Es kommt darauf an, ob das Ereignis, an das der Beginn geknüpft ist, sicher oder ungewiss ist. Im Zweifel hilft ein genauer Blick in die Klauseln.


Quelle: BGH, Urt. v. 12.03.2025 - XII ZR 76/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Lenkradgewichte am Tesla: Bußgeld nach Außerfunktionssetzung von Sicherungsmechanismen

Was nützt die beste Technik, wenn man sie nicht zu nutzen weiß? So könnte der folgende Autofahrer gedacht haben, dessen Tesla einige technische Details bietet, die Verbrennern eher fremd sind, zum Beispiel einen Autopiloten. So verführerisch es dabei auch sein mag, dessen Sicherheitsmechanismen auszutricksen: Finger weg, sonst landet man schnell vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG), wenn man sich gegen den Bußgeldbescheid zu wehren versucht.

Was nützt die beste Technik, wenn man sie nicht zu nutzen weiß? So könnte der folgende Autofahrer gedacht haben, dessen Tesla einige technische Details bietet, die Verbrennern eher fremd sind, zum Beispiel einen Autopiloten. So verführerisch es dabei auch sein mag, dessen Sicherheitsmechanismen auszutricksen: Finger weg, sonst landet man schnell vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG), wenn man sich gegen den Bußgeldbescheid zu wehren versucht.

Ein Autofahrer war mit seinem Auto auf der Autobahn unterwegs, einem Tesla, der mit der "Autopilot 3.0 Hardware", der "Standard Autopilot Firmware" und der Option "Autopilot" ausgestattet war. Letztere ermöglicht das selbständige Spurhalten, Lenken und Fahren mit Hinderniserkennung. Bei dieser Einstellung muss der Fahrer zur Überprüfung, dass er das Fahrgeschehen kontrolliert, in regelmäßigen Abständen an das Lenkrad fassen. Außerdem wird durch eine Innenraumkamera erfasst, ob die Augen geöffnet sind. Diese Mechanismen hatte der Fahrer jedoch ausgeschaltet, indem er die Kamera abgeklebt und Gewichte an dem Lenkrad angebracht hatte, die die Handbewegungen simulieren sollten. In einem Streckenabschnitt von ca. 8 km fuhr das Fahrzeug somit autonom, während der Fahrer schlief. Im Rahmen einer Polizeikontrolle fiel dieser Vorgang auf, der Betroffene bekam ein Bußgeld von 250 EUR. Dagegen legte er Rechtsmittel ein, da er der Ansicht war, sich nicht verkehrswidrig verhalten zu haben, da er die Automatisierungsfunktionen genutzt habe.

Das BayObLG entschied jedoch, dass der Fahrer durchaus ein Bußgeld zu zahlen hat - und zwar wegen des Führens eines Kraftfahrzeugs nach Außerfunktionssetzung von Sicherungsmechanismen. Der zulässige Betrieb von vollautomatisierten Fahrfunktionen liege nur dann vor, wenn die entsprechende Klassifikation gegeben sei. Diese richte sich allein nach den vom Bundesministerium für Verkehr vorgenommenen Eingruppierungen. Dass das Fahrzeug durch nicht zulässige Manipulationen auf einen höheren als vom Hersteller vorgesehenen Automatisierungsgrad gehoben wird, spiele keine Rolle. Daher seien die besonderen Vorschriften für die Pflichten eines Fahrzeugführers bei einem hoch- oder vollautomatisierten Fahrzeug nicht anwendbar. Es gelten somit die allgemeinen straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Danach ist das Führen eines Kraftfahrzeugs nach Außerfunktionssetzung der Sicherungsmechanismen des Herstellers bußgeldbewehrt. Ein Bußgeld von 250 EUR erschien dem Gericht auch durchaus als angemessen.

Hinweis: § 23 Abs. 1 Satz 2 Straßenverkehrs-Ordnung verpflichtet den Führer eines Kraftfahrzeugs dazu, dafür Sorge zu tragen, dass sich das Fahrzeug in einem vorschriftsmäßigen und verkehrssicheren Zustand befindet. Grundsätzlich hat der Kraftfahrer alle an seinem Fahrzeug gegen eine mögliche Verkehrsgefahr vorgesehenen Sicherungseinrichtungen zu nutzen, auch wenn er deren Notwendigkeit nicht durchschaut.


Quelle: BayObLG, Beschl. v. 21.10.2024 - 202 ObOWi 644/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Aufsichtspflicht hat Grenzen: Keine Notwendigkeit der Begleitung eines "radfahrerfahrenen" Erstklässlers

Eltern haften für ihre Kinder - meistens. Denn dass diese Regel nicht in Stein gemeißelt ist, zeigt der folgende Fall des Amtsgerichts Kempten (AG). Hier ging es um ein Schulkind, das trotz jungen Alters schon einige Erfahrungen als Radfahrer aufweisen konnte. Was in einem Fall eines solchen "alten Hasen" im Alter eines Erstklässlers im Ernstfall passiert, lesen Sie hier.

Eltern haften für ihre Kinder - meistens. Denn dass diese Regel nicht in Stein gemeißelt ist, zeigt der folgende Fall des Amtsgerichts Kempten (AG). Hier ging es um ein Schulkind, das trotz jungen Alters schon einige Erfahrungen als Radfahrer aufweisen konnte. Was in einem Fall eines solchen "alten Hasen" im Alter eines Erstklässlers im Ernstfall passiert, lesen Sie hier.

Der 7,5 Jahre alte Junge befuhr auf seinem Schulweg unbeaufsichtigt eine Straße mit dem Fahrrad. Von einer Straße, die von links einmündete, kam eine Autofahrerin, um ihrerseits rechts abzubiegen. An der Einbiegung hielt sie ihr Fahrzeug an, doch der Junge fuhr vorne rechts in ihr Fahrzeug. Dabei entstand ein Schaden von 628 EUR, und diesen verlangte die Autofahrerin von den Eltern des Jungen bzw. der privaten Haftpflichtversicherung ersetzt. Die Eltern beriefen sich jedoch darauf, dass sie ihrer Aufsichtspflicht durchaus nachgekommen seien. Der Junge sei schließlich erfahren im Fahrradfahren, er fahre bereits seit geraumer Zeit alleine zur Schule und zu Freunden in der näheren Umgebung. In diesem ihm vertrauten Bereich sei es auch zur Kollision gekommen. Im Zusammenhang mit einer Schulweghelfertätigkeit habe die Mutter auch Gelegenheit gehabt, das Kind in seinem Verhalten im Straßenverkehr zu beobachten.

Das AG wies die Klage ab, da nach dessen Auffassung keine Aufsichtspflichtverletzung durch die Eltern vorlag. Es konnte dem Gericht glaubhaft gemacht werden, dass der Junge im Verkehr erfahren gewesen und von seinen Eltern schon beim Besuch des Kindergartens begleitet und angeleitet worden sei. Die Eltern hatten Gelegenheit, das Verhalten ihres Sohns auch im Rahmen der Schulweghelfertätigkeit zu beobachten. Die Strecke sei dem Jungen vertraut gewesen, es habe daher keine Notwendigkeit bestanden, den Jungen zu begleiten.

Hinweis: In welchem Umfang die elterliche Aufsichtspflicht über am Straßenverkehr teilnehmende Kinder ausgeübt werden muss, hängt von vielen Faktoren ab, wobei das Alter des Kinds eine maßgebliche Rolle spielt, ohne dass diesbezüglich jedoch eine rein schematische Betrachtung zulässig wäre. Ungeachtet dessen ist festzustellen, dass bei einem Schulkind einer unbeaufsichtigten Teilnahme am Straßenverkehr auf vertrauten Strecken in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Elternhaus - erst recht in einem Wohngebiet ohne Durchgangsverkehr - grundsätzlich keine Bedenken entgegenstehen.


Quelle: AG Kempten, Urt. v. 19.02.2025 - 7 C 735/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)

Krankgeschrieben beim Karneval: Wer Genesung verzögert oder Krankheit verschlimmert, muss mit Kündigung rechnen

Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) musste entscheiden, ob eine Kündigung rechtens ist, weil ein krankgeschriebener Mitarbeiter während der Karnevalszeit an einer Veranstaltung teilgenommen hat. Dieser Fall zeichnet sich dadurch aus, dass er hervorragend aufzeigt, wie schwierig es sein kann, das richtige oder eben falsche Verhalten während einer Krankschreibung zu beurteilen.

Das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) musste entscheiden, ob eine Kündigung rechtens ist, weil ein krankgeschriebener Mitarbeiter während der Karnevalszeit an einer Veranstaltung teilgenommen hat. Dieser Fall zeichnet sich dadurch aus, dass er hervorragend aufzeigt, wie schwierig es sein kann, das richtige oder eben falsche Verhalten während einer Krankschreibung zu beurteilen.

Ein Logistikmitarbeiter war während der Karnevalszeit krankgeschrieben. Dann jedoch tauchte ein Video auf, das ihn bei einem sogenannten "Generalkorpsappell" in einem Hotel zeigte - in voller Karnevalsmontur. Der Arbeitgeber warf ihm daraufhin vor, gar nicht richtig krank gewesen zu sein, und kündigte ihm. Der Mitarbeiter wehrte sich gegen die Kündigung und erklärte, es habe sich nicht um eine klassische Karnevalsfeier gehandelt, sondern um eine Art Vereinsversammlung. Dort sei er nur kurz gewesen, um zu testen, wie belastbar er schon wieder sei. Zudem habe sein Arzt bestätigt, dass sein Atemwegsinfekt fast abgeklungen gewesen sei und die Teilnahme an der Veranstaltung seine Gesundheit nicht gefährdet habe. Der Arzt war von der Schweigepflicht entbunden und bestätigte das schriftlich.

Das reichte dem LAG. Das Gericht befand, dass der Mitarbeiter glaubhaft gemacht habe, wirklich krank gewesen zu sein. Damit wäre es nun am Arbeitgeber gewesen zu beweisen, dass die Krankheit nur vorgeschoben gewesen war. Eben dies konnte er aber nicht, und somit war die von ihm ausgesprochene Kündigung unwirksam.

Hinweis: Wer krankgeschrieben ist, darf nichts tun, was den Heilungsprozess gefährden könnte. Spaziergänge, Einkaufen oder Treffen mit Freunden sind aber oft erlaubt - je nachdem, woran man erkrankt ist. Entscheidend ist dabei immer, ob das entsprechende Verhalten die Genesung verzögert oder die Krankheit gar verschlimmern kann.


Quelle: LAG Köln, Urt. v. 21.01.2025 - 7 SLa 204/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 07/2025)