Neuigkeiten - Recht

Gepäck weg: Welche Anschaffungen auf einer Kreuzfahrt in den Polarkreis ersatzfähig sind

Einen interessanten Fall des Reiserechts musste das Landgericht München II (LG) entschieden. Hierbei ging es um auf dem Hinflug verirrtes Reisegepäck, das nicht etwa nachreisen konnte, sondern durch seine Verspätung von der Reise ausgeschlossen wurde. Und weil es hier nicht nur auf hohe See, sondern in die Polarregion ging, war klar, dass es sich beim Streit nicht um den Ersatz von leichter Strandkleidung handeln dürfte.

Einen interessanten Fall des Reiserechts musste das Landgericht München II (LG) entschieden. Hierbei ging es um auf dem Hinflug verirrtes Reisegepäck, das nicht etwa nachreisen konnte, sondern durch seine Verspätung von der Reise ausgeschlossen wurde. Und weil es hier nicht nur auf hohe See, sondern in die Polarregion ging, war klar, dass es sich beim Streit nicht um den Ersatz von leichter Strandkleidung handeln dürfte.

Auf dem Hinflug zu einer elftägigen Pauschalreise nach Longyearbyen in Norwegen mit anschließender Kreuzfahrt "Auf den Spuren der Eisbären" für zwei Personen ging das Gepäck verloren. Deshalb kauften die beiden vor der Abfahrt des Schiffs in Outdoorläden in Longyearbyen das Notwendigste nach. An Bord des Schiffs gab es zudem eine Boutique und einen Wäscheservice, Schuhe und Parka für die Expeditionen an Land wurden wiederum gestellt. Insgesamt zahlten die beiden Reisenden ca. 2.300 EUR. Die Reiseveranstalterin erstattete außergerichtlich 25 % vom gezahlten Reisepreis und 1.500 EUR für die Ersatzbeschaffungen. Das reichte den Reisenden nicht und sie klagten den Restbetrag für die Ersatzbeschaffungen, weitere 15 % vom gezahlten Pauschalreisepreis und einen "Schadensersatzanspruch für entgangene Urlaubsfreuden" ein.

Das LG entschied, dass der gezahlte Reisepreis um 30 % gemindert werden kann, wenn das Gepäck des Pauschalreisenden bei dem Hinflug zu spät ausgeliefert wird und deshalb während einer Kreuzfahrt in die Arktis nicht zur Verfügung steht. Bei den Ersatzbeschaffungen der Bekleidung dürfte kein Abschlag für Vermögensvorteile vorgenommen werden. Zwar können die Sachen nach der Rückkehr noch benutzt werden, die Reisenden hatten jedoch überzeugend dargelegt, dass sie die eigens für eine Expedition in die Arktis gekaufte Funktionsbekleidung nicht mehr benötigen. Anders verhielt sich dies bei den Verbrauchsartikeln wie Waschmittel oder Zahnpasta, denn die Reisenden erhielten ihre Koffer bei der Rückkehr von der Reise zurück und konnten die darin enthaltenen Verbrauchsartikel weiter nutzen. Ein Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit bestand ebenfalls nicht. Bei einer Expeditionsreise kommt es im Wesentlichen auf die landschaftlichen Aspekte der Polarregion sowie der Tierwelt an. Die Annehmlichkeiten an Bord eines Expeditionsschiffs bilden nicht den Kernbereich einer Expeditionsreise.

Hinweis: Wie bei jedem Mangel im Reiserecht ist es wichtig, dass Betroffene den Mangel rechtssicher feststellen lassen und auch sofort bei der Reiseleitung rügen.


Quelle: LG München II, Urt. v. 10.01.2025 - 14 O 2061/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2025)

Widerrufsbelehrung ohne Telefonnummer: BGH nimmt Verbraucher bei Onlineverträgen stärker in die Eigenverantwortung

Der folgende Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) erklärt die Zeiten, in denen das Internet als Neuland galt, für vergangen. Denn was er aktuell für Anforderungen an Widerrufsbelehrungen in Neuwagenkaufverträgen bei Fernabsatzgeschäften stellt - zu denen eben auch das Internet zählt -, nimmt Verbraucher schlichtweg mehr in die Eigenverantwortung.

Der folgende Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) erklärt die Zeiten, in denen das Internet als Neuland galt, für vergangen. Denn was er aktuell für Anforderungen an Widerrufsbelehrungen in Neuwagenkaufverträgen bei Fernabsatzgeschäften stellt - zu denen eben auch das Internet zählt -, nimmt Verbraucher schlichtweg mehr in die Eigenverantwortung.

Der Mann erwarb im Februar 2022 von der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt, ein Neufahrzeug im Wege des Fernabsatzes. Die Beklagte, die auf ihrer Website unter Kontakt und im Impressum ihre Telefonnummer angegeben hatte, verwendete nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine in Teilen davon abweichende Version. Darin wurden die Postanschrift und die E-Mail-Adresse der Beklagten mitgeteilt - deren Telefonnummer hingegen nicht. Ein Widerruf solle laut Hinweis mittels einer eindeutigen Erklärung durch einen per Post versandten Brief oder eine E-Mail erklärt werden. Am 23.08.2022 wurde dem Käufer das Fahrzeug übergeben. Am 20.06.2023 erklärte er per E-Mail jedoch den Widerruf seiner auf Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Erklärung und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Dabei ging er davon aus, dass sein Widerruf des Vertrags noch rechtzeitig sei - der Grund hierfür sei die fehlerhafte Information zum Widerruf.

Der BGH hielt die Klage - wie die Vorinstanzen im Übrigen auch - für unbegründet. Teilt ein Unternehmer in der Widerrufsbelehrung (als beispielhafte Kommunikationsmittel für den Widerruf) seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mit, ist die zusätzliche Angabe der Telefonnummer des Unternehmers nicht erforderlich. Zudem sei diese hier ohne weiteres auf der Internetseite zugänglich gewesen. Bereits durch die Angabe ihrer E-Mail-Adresse, ergänzt durch die Mitteilung ihrer Postanschrift, habe die Beklagte den Verbrauchern Möglichkeiten eröffnet, schnell mit ihr in Kontakt zu treten und effizient mit ihr zu kommunizieren. Dabei waren den Verbrauchern andere Kommunikationswege auch nicht verstellt, da die vom Kläger in der Widerrufsbelehrung vermisste Telefonnummer sowohl im Impressum als auch unter der Kontaktoption problemlos zu finden war.

Hinweis: Der BGH hatte zu entscheiden, ob eine Widerrufsfrist von 14 Tagen ab Erhalt der Ware gilt (§ 355 Abs. 2, § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) oder ob das Widerrufsrecht erst mit zwölf Monaten und 14 Tagen nach dem Beginn der gesetzlichen Widerrufsfrist erloschen ist (§ 356 Abs. 3 Satz 2 BGB). Der BGH hat die Anforderungen an Widerrufsbelehrungen in Neuwagenkaufverträgen mit Verbrauchern bei Fernabsatzgeschäften nunmehr näher bestimmt. Demnach ist es für eine schnelle und effiziente Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer nicht erforderlich, dass auf der Internetseite in der Widerrufsbelehrung - über die Post- und E-Mail-Adresse hinaus - auch eine Telefonnummer des Unternehmers angegeben wird.


Quelle: BGH, Beschl. v. 25.02.2025 - VIII ZR 143/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Fristversäumnis oder nicht? Wann die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen bei ungeklärter Vaterschaft beginnt

Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).

Pflichtteilsansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von dem Anspruch erlangt hat. Auf welchen Zeitpunkt für eine Verjährung in den Fällen abzustellen ist, in denen ein Abkömmling erst nach dem Tod des Erblassers Kenntnis von der Abstammung erhält, beschäftigte vor kurzem den Bundesgerichtshof (BGH).

Die Klägerin in dem Verfahren war die nichteheliche Tochter des im Jahr 2017 verstorbenen Erblassers. Dieser hatte in einem notariellen Testament seinen eingetragenen Lebenspartner zum Alleinerben bestimmt. Die Klägerin, die im Jahr 2017 vom Tod des Erblassers erfahren hatte, leitete im Mai 2022 ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren ein, das noch im selbenJahr mit der Feststellung endete, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Im Anschluss verlangte sie von dem Erben Auskunft über den Nachlass zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen. Der Erbe war jedoch der Ansicht, dass die Ansprüche zwischenzeitlich verjährt seien. Nachdem das Landgericht die Klage noch wegen Verjährung abgelehnt hatte, war das Oberlandesgericht (OLG) der Ansicht, dass dem nicht so sei. Die zentrale Frage, die der BGH nun zu klären hatte, war die, wann der Pflichtteilsanspruch eines nichtehelichen Kindes entsteht, dessen Vaterschaft erst nach dem Tod gerichtlich festgestellt wird. Kraft Gesetzes verhält es sich so, dass die Rechtswirkungen einer Vaterschaft erst bestehen, wenn diese gerichtlich festgestellt worden ist. Die Tochter war daher der Ansicht, dass sie einen Pflichtteil erst verlangen konnte, nachdem gerichtlich feststand, dass sie die leibliche Tochter des Erblassers war. Daher könne auch eine Verjährung vor diesem Zeitpunkt nicht eintreten.

Dieser Ansicht schloss sich der BGH hingegen nicht an. Die gesetzliche Rechtsausübungssperre hindert nur die erfolgreiche Durchsetzung eines Anspruchs - nicht aber das rechtliche Entstehen. Für die Verjährung von Ansprüchen kommt es aber gerade auf deren Entstehen an und nicht auf die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Ferner erfordert der Eintritt der Verjährung auch Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den Tatsachen, die einen Anspruch begründen können. Diese Kenntnis hatte die Tochter erst mit Abschluss des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens. Ob sie eventuell schon zu einem vorherigen Zeitpunkt hätte Kenntnis erlangen können, konnte der BGH nicht entscheiden, weshalb er das Verfahren an das OLG zurückverwiesen hat.

Hinweis: Die Rechtsausübungssperre bis zum Abschluss der Vaterschaftsfeststellung führt nicht zu einer Hemmung der Verjährung.


Quelle: BGH, Urt. v. 12.03.2025 - IV ZR 88/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Hinterbliebenengeld: Stark alkoholisierter Fußgänger trägt Hauptverantwortung beim Überqueren der Fahrbahn

Verliert eine Mutter ein Kind, ist das an Tragik oft nicht zu überbieten. Dennoch müssen Gerichte wie im Folgenden das Oberlandesgericht Celle (OLG) auch bei Todesfällen Sachlichkeit wahren und den Anspruch an Hinterbliebenengeld und Bestattungskostenübernahme an den gegebenen Fakten messen.

Verliert eine Mutter ein Kind, ist das an Tragik oft nicht zu überbieten. Dennoch müssen Gerichte wie im Folgenden das Oberlandesgericht Celle (OLG) auch bei Todesfällen Sachlichkeit wahren und den Anspruch an Hinterbliebenengeld und Bestattungskostenübernahme an den gegebenen Fakten messen.

Ein Mann wurde von einem Fahrzeug erfasst, als er im stark alkoholisierten Zustand mit 2 ‰ eine Landstraße überquerte. Dabei kollidierte er mit dem vom Beklagten geführten Fahrzeug und verstarb noch am Unfallort. Die Mutter des Verstorbenen verlangte als Klägerin nun unter anderem ein Hinterbliebenengeld von 12.000 EUR. Das zunächst mit der Sache befasste Landgericht (LG) sprach der Klägerin von ihren geltend gemachten Ansprüchen 3.333 EUR aufgrund des der Klägerin zuzurechnenden Mitverschuldens des Geschädigten zu, wobei es dabei ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 10.000 EUR angesetzt und der Klägerin somit 1/3 zugesprochen hatte. Dem Beklagten war dabei der Verschuldensvorwurf zu machen, dass er in Kenntnis eines am Fahrbahnrand befindlichen Fußwegs seine Geschwindigkeit nicht reduziert hatte. Der Bremsvorgang bei Fußgängern, die unvorhergesehen die Straße überqueren, sei daher zu lang gewesen. Dennoch habe der Geschädigte den Unfall größtenteils selbst verschuldet, weil er die Straße überquert hatte, ohne auf das bevorrechtigte Fahrzeug zu achten.

Das OLG hat die Entscheidung des LG bestätigt. Der Unfall war überwiegend durch den stark alkoholisierten Fußgänger verschuldet worden. Dieser hatte gegen die ihn treffenden Sorgfaltsanforderungen verstoßen, indem er sich nicht hinreichend davon überzeugt hatte, dass der Beklagte ihn trotz seines Vorrangs auf der Fahrbahn sicher passieren lassen wollte. Nach den Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen hätte der Fußgänger den Unfall durch einen Verzicht oder Abbruch seiner Fahrbahnüberquerung verhindern können. Für ihn war das sich nähernde Beklagtenfahrzeug sichtbar. Der Geschädigte hätte auf seiner Fahrbahnseite stehen bleiben und den Beklagten vorbeifahren lassen können - und müssen. Der Geschädigte hatte damit die entscheidende Ursache für das Unfallgeschehen gesetzt. Dennoch trifft auch den Beklagten ein Mitverschulden, weil er seine Geschwindigkeit nicht reduzierte, obwohl er von dem Fußweg wusste.

Hinweis: Grundsätzlich gilt, dass das Überschreiten einer Fahrbahn von einem Fußgänger erhöhte Sorgfalt erfordert. Da eine Fahrbahn in erster Linie dem Fahrzeugverkehr dient, hat der Fahrzeugführer grundsätzlich Vorrang. Auf den bevorrechtigten Fahrzeugverkehr hat der Fußgänger Rücksicht zu nehmen, also bei Annäherung eines Fahrzeugs zu warten; der Kraftfahrer darf darauf vertrauen, dass ein Fußgänger die Fahrbahn nicht kurz vor seinem Fahrzeug zu überqueren versucht. Das Betreten der Fahrbahn ohne Beachtung des Fahrzeugverkehrs ist in der Regel grob fahrlässig.


Quelle: OLG Celle, Urt. v. 18.12.2024 - 14 U 119/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Mithaftung trotz Vollkasko: Wer im Mietfahrzeug die Durchfahrtshöhe ignoriert, handelt grob sorgfaltswidrig

Wer ein Auto anmietet, tut gut daran, einen Vollkaskoschutz abzuschließen. Doch wer meint, damit sei jeder Schadensersatz abgewendet, der aus eigener Tasche zu begleichen sei, der irrt. So musste sich ein Beklagter vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) der Prüfung unterziehen, wie hoch das Eigenverschulden daran war, dass das angemietete Fahrzeug beschädigt wurde.

Wer ein Auto anmietet, tut gut daran, einen Vollkaskoschutz abzuschließen. Doch wer meint, damit sei jeder Schadensersatz abgewendet, der aus eigener Tasche zu begleichen sei, der irrt. So musste sich ein Beklagter vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) der Prüfung unterziehen, wie hoch das Eigenverschulden daran war, dass das angemietete Fahrzeug beschädigt wurde.

Der Fall ist schnell erklärt: Der Beklagte fuhr in eine Tiefgarage ein, deren Durchfahrtshöhe für Fahrzeuge auf 2,10 m begrenzt war. Das entsprechend über der Einfahrt angebrachte Zeichen 265 zeigte diese Begrenzung deutlich auf. Doch es kam, wie es kommen musste: Der Mann ignorierte das Zeichen und beschädigte das Mietfahrzeug.

Nach Auffassung des OLG steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung des angemieteten Fahrzeugs zu. Der Beklagte hat zumindest fahrlässig die Beschädigung des Mietfahrzeugs verursacht, indem er mit dem von ihm angemieteten Fahrzeug in die Tiefgarage einfuhr. Weil diese für Fahrzeuge mit einer Fahrzeughöhe über 2,10 m nicht zugelassen war, habe er seine Pflicht verletzt, aus dem zugrundeliegenden Mietvertrag alles zu unterlassen, was zu Schäden an dem gemieteten Fahrzeug führen kann. Damit habe er sich schadensersatzpflichtig gemacht. Zwar haben die Parteien im Mietvertrag eine Haftungsbefreiung nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung vereinbart. Laut dieser hafte der Beklagte über den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt von 150 EUR hinaus lediglich dann, wenn er den Schadensfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Hier ging der Senat in der Tat davon aus, dass dies der Fall war. Der Beklagte handelte grob sorgfaltswidrig, weil er in die Tiefgarage einfuhr und dabei - wie er selbst im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat - das über der Einfahrt angebrachte Zeichen 265 übersah, das auf eine maximale Durchfahrtshöhe von 2,10 m hinwies.

Hinweis: Das Vorliegen grober Fahrlässigkeit ist eine Frage des Einzelfalls. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv und subjektiv schweren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden sein. Zudem muss dabei unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt hierbei für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv "schlechthin unentschuldbare" Pflichtverletzung vorliegt.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Urt. v. 12.12.2024 - 12 U 42/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Keine weitere Möglichkeit: Verlust eines Großauftrags kann wirksame betriebsbedingte Kündigung nach sich ziehen

Fälle wie dieser werden angesichts eines unsicheren Geschäftsklimas künftig häufiger vorkommen. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) musste über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung entscheiden.

Fälle wie dieser werden angesichts eines unsicheren Geschäftsklimas künftig häufiger vorkommen. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) musste über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung entscheiden.

Eine Arbeitnehmerin war bei einem Taxi- und Mietwagenunternehmen als Disponentin beschäftigt. Bis Ende Oktober 2023 führte der Arbeitgeber für eine Verkehrsgesellschaft nahezu den gesamten Rufbusverkehr im Landkreis als Exklusivleistung durch. Als dieser Auftrag endete, führte dieser Umstand zu einem erheblichen Einbruch der Umsätze und der zu disponierenden Fahrten: Statt 6.000 Rufbusfahrten und 750 Taxi- sowie Krankenfahrten mussten ab dem 01.11.2023 nur noch 20 bis 30 Fahrten disponiert werden. Der Arbeitgeber bot daher Disponenten Tätigkeiten als Fahrer an - nur die Disponentin fiel durchs Raster, da sie keinen Führerschein besaß. Gegen die daraufhin erfolgte Kündigung klagte sie.

Dennoch musste das LAG diese Kündigung abnicken, da sie nach Auffassung des Gerichts durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb rechtmäßig war. Es war nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber nach Ablauf der Kündigungsfrist keine weitere Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmerin anbieten konnte. Eine Disponententätigkeit war nicht mehr erforderlich und als Fahrerin konnte er die Arbeitnehmerin mangels Fahrerlaubnis nicht einsetzen.

Hinweis: Fällt also tatsächlich ein Großauftrag weg, kann eine betriebsbedingte Kündigung wirksam sein. Aber auch hierbei kommt es auf den Einzelfall an. Stets hat der Arbeitgeber darzulegen, welche Arbeitsplätze genau betroffen sind. Ferner ist im Regelfall auch eine Sozialauswahl durchzuführen.


Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15.01.2025 - 3 SLa 156/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

EU-Erbrechtsverordnung: Ohne Anerkennungsverfahren keine Bescheinigung

Die zunehmende Mobilität der Menschen innerhalb der Europäischen Union (EU) bringt auch im Erbrecht komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte mit sich. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die das internationale Erbrecht innerhalb der EU vereinheitlichen und erleichtern soll. Dass damit nicht alle formalen Verfahrensweisen obsolet werden, musste der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich bestätigen.

Die zunehmende Mobilität der Menschen innerhalb der Europäischen Union (EU) bringt auch im Erbrecht komplexe grenzüberschreitende Sachverhalte mit sich. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die das internationale Erbrecht innerhalb der EU vereinheitlichen und erleichtern soll. Dass damit nicht alle formalen Verfahrensweisen obsolet werden, musste der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich bestätigen.

Die Erblasserin war sowohl polnische als auch deutsche Staatsangehörige mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und hinterließ zwei Söhne als gesetzliche Erben. Das Nachlassgericht stellte auf Antrag die erbrechtlichen Voraussetzungen fest und erteilte im März 2022 einen gemeinschaftlichen Erbschein, wonach beide Söhne jeweils zur Hälfte Erben wurden. Zum Nachlass gehörte auch ein Grundstück in Polen, das zwischenzeitlich verkauft wurde. Um diesen Verkauf im polnischen Grundbuch wirksam zu dokumentieren, beantragte ein Erbe beim Nachlassgericht die Erteilung einer Bescheinigung nach der EuErbVO, um die Wirkungen und die Bestandskraft des deutschen Erbscheins im polnischen Recht zu belegen. Dabei war zu klären, ob ein deutscher Erbschein durch eine solche Bescheinigung für Zwecke des polnischen Grundbuchverfahrens erteilt werden kann - und zwar, ohne dass ein förmliches Anerkennungsverfahren nach der EuErbVO geführt werden muss.

Die EuErbVO regelt auch die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Erbsachen sowie die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Einer Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und in einem anderen anerkannt oder vollstreckt werden soll, ist eine bestimmte Bescheinigung beizufügen. Diese soll unter anderem die Voraussetzungen und die Art der Entscheidung bestätigen und damit das Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat erleichtern. Strittig war allerdings, ob und wann diese Bescheinigung auch für deutsche Erbscheine ausgestellt werden kann, insbesondere wenn - wie hier - keine formelle Anerkennung, sondern lediglich ein praktischer Nachweis gegenüber einem ausländischen Grundbuchgericht beabsichtigt ist.

Der BGH bestätigte die ablehnenden Entscheidungen der Vorinstanzen und stellte fest, dass ohne ein Anerkennungsverfahren keine Verpflichtung besteht, eine Bescheinigung zu erteilen. Der Antragsteller beabsichtige lediglich, mit der Bescheinigung die Wirkungen eines deutschen Erbscheins im polnischen Grundbuch zu dokumentieren. Die Ausstellung einer solchen Bescheinigung setzt aber ein konkretes gerichtliches Verfahren voraus, in dem die Entscheidung nach den Bestimmungen der EuErbVO anerkannt oder für vollstreckbar erklärt werden soll.

Hinweis: Mit seiner Entscheidung bestätigt der BGH die enge Zweckbindung der Bescheinigung (Art. 46 Abs. 3 Buchst. b EuErbVO). Diese dient ausschließlich der rechtlichen Anerkennung oder Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in grenzüberschreitenden Fällen.


Quelle: BGH, Beschl. v. 19.03.2025 - IV ZB 19/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Selbständig oder angestellt? Arbeitnehmereigenschaften müssen nachweisbar sein, um vor Arbeitsgerichten verhandelt zu werden

Wenn ein Handelsvertreter nach jahrelanger Tätigkeit behauptet, eigentlich Arbeitnehmer gewesen zu sein, wird es schwer für ihn, die hierfür notwendigen Beweise zu erbringen. Wer sich erst nach jahrelanger Tätigkeit darüber Gedanken macht, ob er womöglich doch nicht selbständig tätig war, kann vom folglich (nicht) zuständigen Arbeitsgericht schnell die kalte Schulter gezeigt bekommen - wie im Fall vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG).

Wenn ein Handelsvertreter nach jahrelanger Tätigkeit behauptet, eigentlich Arbeitnehmer gewesen zu sein, wird es schwer für ihn, die hierfür notwendigen Beweise zu erbringen. Wer sich erst nach jahrelanger Tätigkeit darüber Gedanken macht, ob er womöglich doch nicht selbständig tätig war, kann vom folglich (nicht) zuständigen Arbeitsgericht schnell die kalte Schulter gezeigt bekommen - wie im Fall vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG).

Mit einem im Jahr 2010 abgeschlossenen Handelsvertretervertrag für die Vermittlung von Bauverträgen für Fertighäuser sollte ein Handelsvertreter nach § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuch innerhalb von Deutschland selbständig tätig werden. Dabei sollte er in der Gestaltung seiner Tätigkeit und der Einteilung seiner Arbeitszeit frei sein. Zudem verpflichtete er sich, für die Dauer des Vertragsverhältnisses keinerlei Interessen für konkurrierende Unternehmen wahrzunehmen. Im Gegenzug dafür erhielt er Provisionen. Schließlich wurde das Vertragsverhältnis 2024 von dem Unternehmen gekündigt. Daraufhin machte der Handelsvertreter unter anderem Vergütungsansprüche geltend. Er zog vor die Arbeitsgerichte und schließlich auch vor das LAG, weil er meinte, er sei als Arbeitnehmer tätig gewesen.

Die Arbeitsgerichte waren aber für dieses Ansinnen gar nicht zuständig, da der Handelsvertreter tatsächlich kein Arbeitnehmer war. Zum einen gab es einen gültigen Handelsvertretervertrag, zum anderen war der Mann auch nicht weisungsgebunden tätig. Auch die Frage, ob die Handelsvertretertätigkeit im Neben- oder Hauptberuf ausgeübt worden ist, spielte für das LAG keine Rolle.

Hinweis: Wenn ein Handelsvertreter meint, tatsächlich als Arbeitnehmer tätig geworden zu sein, muss ein solches Verfahren gut überlegt werden. Selbst wenn eine Arbeitnehmereigenschaft festgestellt wird, droht die Rückzahlung von Provisionen an den Arbeitgeber. Denn dieser hätte ja, wenn er gewusst hätte, dass eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt, auch keine hohen Handelsvertreterprovisionen gezahlt, sondern nur ein übliches Arbeitsentgelt.


Quelle: Hessisches LAG, Beschl. v. 24.02.2025 - 10 Ta 299/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Kindeswohl: Mutter darf nicht beim Ex-Partner die Wohnung inspizieren

Wird gegen eine getroffene Umgangsvereinbarung verstoßen, drohen Ordnungsgelder. Ein freizügiges Sexualleben Erwachsener gehört jedoch nicht per se zu den vollstreckbaren Risiken, die eine Erziehung und Betreuung von Kindern zwingend erschweren. Im Folgenden befürchtete eine Mutter, dass eben genau dies geschehen könnte, und nahm sich Freiheiten gegenüber dem Kindesvater heraus, gegen die das Amtsgericht Sonneberg einschreiten musste.

Wird gegen eine getroffene Umgangsvereinbarung verstoßen, drohen Ordnungsgelder. Ein freizügiges Sexualleben Erwachsener gehört jedoch nicht per se zu den vollstreckbaren Risiken, die eine Erziehung und Betreuung von Kindern zwingend erschweren. Im Folgenden befürchtete eine Mutter, dass eben genau dies geschehen könnte, und nahm sich Freiheiten gegenüber dem Kindesvater heraus, gegen die das Amtsgericht Sonneberg einschreiten musste.

Die Eltern hatten bei Trennung eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung abgeschlossen. Darin hatte sich der Vater verpflichtet, die Mutter jeweils montags vor Beginn seiner Umgangswoche in die Wohnung zur Nachschau zu lassen. Sie wollte sicherstellen, dass keine Sexspielzeuge herumliegen. Schließlich habe man während der intakten ehelichen Lebensgemeinschaft einvernehmlich ein Sexualleben geführt, das von der Dominanz der Frau und der Unterwerfung des Mannes geprägt war. Seit Dezember 2024 verweigerte der Mann dann jedoch diese Nachschau, woraufhin die Frau ein Ordnungsgeld gegen ihn erwirken wollte.

Damit scheiterte sie aber. Zwar sei es laut § 89 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit möglich, bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs ein Ordnungsgeld festzusetzen. Dies ginge aber nur, wenn die Pflicht, gegen die verstoßen wurde, an sich selbst vollstreckbar wäre - also das Gericht feststellen könnte, dass durch die Zuwiderhandlung des Elternteils Erziehung und Betreuung der Kinder durch den anderen Elternteil erschwert wären. Dann erst könne das Gericht deswegen die Auflage erteilen, diese Zuwiderhandlung zu unterlassen (§ 1684 Abs. 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Hier aber gab es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die Verweigerung der Nachschau die Erziehung oder Betreuung der Kinder erschwert werde. Zudem hatte der Vater von Anfang an versichert, dass er seine Utensilien vor den Kindern sicher verwahre.

Hinweis: Umgangsregelungen sollten immer mit vollstreckungsfähigem Inhalt getroffen werden. Dann kann bei Zuwiderhandlung auch ein Ordnungsgeld erlassen werden.


Quelle: AG Sonneberg, Beschl. v. 10.03.2025 - 1 F 56/23
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Fehlerhafte Vergütungseinstufung: BAG stärkt Arbeitnehmerrechte und weist Arbeitgebern Darlegungs- und Beweislast zu

Kläger im folgenden Fall, den das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden hatte, war ein freigestelltes Betriebsratsmitglied. Die Frage, die dabei im Raum stand: Wer muss bei einer fehlerhaften Vergütung eines Arbeitnehmers eben dafür auch die Beweise liefern - Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?

Kläger im folgenden Fall, den das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden hatte, war ein freigestelltes Betriebsratsmitglied. Die Frage, die dabei im Raum stand: Wer muss bei einer fehlerhaften Vergütung eines Arbeitnehmers eben dafür auch die Beweise liefern - Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?

Ein Arbeitnehmer war bei einem großen deutschen Automobilhersteller beschäftigt und seit 2002 ein von der Arbeitsleistung freigestelltes Betriebsratsmitglied. Seit 2003 teilte ihm sein Arbeitgeber stets zu Jahresbeginn mit, dass sein Gehalt entsprechend der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung angehoben werde, zuletzt in die tarifliche Entgeltstufe (ES) 20. Schließlich überprüfte der Arbeitgeber die Eingruppierung und damit die Höhe der Vergütung des freigestellten Betriebsratsmitglieds. Er kam zu der Auffassung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich zwei Vergütungsstufen niedriger einzustufen sei, nämlich in die tarifliche Vergütungsstufe ES 18. Deshalb forderte er auch für die Zeit von Oktober 2022 bis Januar 2023 die über diese Stufe hinaus gezahlte Vergütung zurück. Im Februar 2023 erhielt der Arbeitnehmer schließlich sein Entgelt entsprechend der Vergütungsstufe ES 17, also noch einmal niedriger. Der Arbeitnehmer forderte daraufhin ein Gehalt entsprechend der Vergütungsstufe ES 20 und klagte.

Ob die Zahlungsansprüche des freigestellten Betriebsrats begründet sind, konnte das BAG zwar nicht abschließend beurteilen - das ist jetzt Aufgabe des Landesarbeitsgerichts (LAG), an das die Entscheidung wieder verwiesen wurde. Eben dieses vorinstanzliche LAG hatte bei dem Anpassungsanspruch der Vergütung die Darlegungs- und Beweislast nämlich beim Arbeitnehmer gesehen. Und hierbei war das BAG diesem gegenüber durchaus hilfreich, denn es ordnet die Darlegungs- und Beweislast vielmehr dem Arbeitgeber zu.

Hinweis: Korrigiert der Arbeitgeber also eine mitgeteilte und gewährte Vergütungserhöhung, hat er auch zu beweisen, dass diese Vergütungserhöhung objektiv fehlerhaft war.


Quelle: BAG, Urt. v. 20.03.2025 - 7 AZR 46/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)